Die Homo-Ehe im Pfarrhaus entzweit die Synode. Ein Studientag soll das gegenseitige Verständnis fördern und den Streit nun entschärfen.  

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

Heidenheim - Eigentlich hat er sich zurückhalten sollen - der Synodale Marc Dolde. Schließlich sollte die Diskussion über die Homo-Ehe im Pfarrhaus nach Meinung mancher Strategen hinter den Kulissen kanalisiert, weitgehend auf einen internen Studientag des Kirchenparlaments geschoben und damit zunächst weniger auf offener Bühne ausgetragen werden. Doch der Jurist Dolde hält nichts von dieser Taktik. Er muss endlich loswerden, was ihn bedrückt. So tritt der Vertreter der progressiven Offenen Kirche am Wochenende vor die in Heidenheim tagende Synode, lässt Dampf ab und liefert eine Lagebeschreibung, die für eine der Geschwisterlichkeit verpflichtete Gemeinschaft alarmierend klingt: Oberkirchenrat und Landeskirche würden angegriffen. Im Gemeindeblatt und im Pfarrerblatt fänden sich unsägliche Leserbriefe, Resolutionen würden verabschiedet, es werde gedroht und gewarnt.

 

"Anstatt dass wir evangelische Christen uns zusammenraufen und die Säkularisierung gemeinsam bekämpfen, zerfleischen wir uns selbst", klagt Dolde. Besonders bringt ihn - und viele seiner Mitstreiter - auf, wie von evangelikal-pietistischer Seite das neue Pfarrdienstgesetz der EKD angegriffen wird. Acht Altlandesbischöfe - zwei davon aus Württemberg - haben an alle Synodalen der 22 Landeskirchen Deutschlands appelliert, sie sollten diesen Entwurf nicht ratifizieren. Das Gesetz hält es nämlich für möglich, dass ein schwuler Pastor zusammen mit seinem Partner im Pfarrhaus lebt. Das ist im Übrigen in Württemberg auch in Ausnahmefällen erlaubt. Umstritten ist daher auch weniger der Wortlaut des Gesetzes als vielmehr die Begründung des Paragrafen 39. Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften würden dort nämlich als mit der Ehe von Mann und Frau gleichwertig dargestellt, monieren die Altlandesbischöfe.

"Wir wollen keine Diskriminierung"

Dolde geißelt nicht nur deren Einwürfe. Er macht auch klar, dass in dieser Frage tiefe Gräben die liberalen von den konservativen Theologen trennen. Homosexualität sei keine Sünde, betont er. Solche Menschen seien genauso Geschöpfe Gottes wie Heterosexuelle. Sie müssten in der Kirche daher die gleichen Rechte haben. Stellen der Heiligen Schrift, die diesem Grundsatz anscheinend widersprechen, sollten von ihrer Eingebundenheit in die damalige Zeit her verstanden werden.

Die pietistisch geprägte Gruppe Lebendige Gemeinde sieht dies freilich ganz anders. "Wir wollen keine Diskriminierung. Jeder Mensch verdient Achtung, Anerkennung und Wertschätzung", betont zwar auch Volker Teich bei der Debatte, aber der Schorndorfer Dekan schärft zugleich ein: "Die Heilige Schrift gibt uns Weisung, nicht der Zeitgeist." Und die Bibel lehne die Homosexualität eben ab. Teich führt als zusätzliches Argument die Ökumene ins Feld. Alle Kirchen würden dem Leitbild der Ehe von Mann und Frau folgen. "Gebe es hier eine Änderung, würde das unsere Kirche spalten." Im Namen seiner Gruppe verlangt Teich daher eine entsprechende Klarstellung. Andernfalls werde man dem Pfarrdienstrecht nicht zustimmen - obwohl es neben dem Paragraf 39 noch 120 andere Paragrafen hat, in denen es etwa um Versetzungen oder den Vorruhestand geht. Dass hier manche Regelung umstritten ist, wird im Kirchenparlament deutlich. Auch deshalb spielt man auf Zeit. Der Studientag im Oktober soll beim Thema Homosexualität das gegenseitige Verständnis fördern. Eine Entscheidung über das Gesetz selbst fällt wohl erst nächstes Jahr.

Die Konjunktur lässt auch die Kirchensteuer sprudeln

Finanzplanung: Neben dem Pfarrdienstgesetz ist auch die mittelfristige Finanzplanung auf der Tagesordnung der evangelischen Landessynode gestanden. Der Finanzdezernent Martin Kastrup warb für ein Festhalten am Konsolidierungskurs. Württemberg verliere schließlich jedes Jahr etwa 20.000 Kirchenmitglieder. Dieser Schwund schlage in Zukunft auf den Etat durch.

Einnahmeplus: Statt ursprünglich erwartete 500 Millionen Euro Kirchensteuern rechnet Kastrup für dieses Jahr nun mit 547 Millionen Euro. Das sind rund 16 Millionen mehr als im vergangenen Jahr, als man auch schon deutlich über dem Plan lag. Diese Zahlen wecken Begehrlichkeiten und schaffen Spielräume. So soll mehr Geld in die energetische Sanierung von Gebäuden fließen. Die liberale Offene Kirche kündigte ferner an, für die Revision vergangener Kürzungsbeschlüsse etwa bei der Gleichstellungsbeauftragten oder dem Friedenspfarramt zu kämpfen.