Hongkong - eine der am dichtesten besiedelten Metropolen der Welt hat ihren eigenen Puls.

"Wir befinden uns in einer einzigartigen Situation", sagt Cassian Lau. "Wir haben chinesisches Blut und den Geist der Briten, wir tragen italienische Mode, fahren deutsche Autos und schauen amerikanische Filme." Wir treffen den jungen Künstler in der Galerie Madhouse im Central-Bezirk auf Hongkong Island, für viele das Herz der Stadt. Hier schießen die Glaspaläste der Banken in die Höhe, und unten in den engen Häuserschluchten haben sich in Bretterbuden Märkte eingenistet, die Haushaltswaren verkaufen und Lebensmittel, über deren Herkunft und Zusammensetzung man nicht immer alles wissen möchte. Mittendrin im wilden Durcheinander ist eine Galerie, die Hongkong-Künstler auf der Suche nach ihrer Identität unterstützt. Und ihnen auch zum kommerziellen Erfolg verhelfen möchte, was nicht leicht ist, rangiert die moderne Kunst made in Hongkong doch weit hinten.

Der Big Apple Asiens ist eine der buntesten, der widersprüchlichsten und deswegen spannendsten Städte der Welt. Banker richten sich mit Feng-Shui-Beratern ein, jeder glaubt, was er will: ob nun buddhistisch, taoistisch, christlich oder muslimisch, denn viele Bewohner der Stadt sind Emigranten, für die es ums Überleben, ums schnelle Geldverdienen geht. "Money with a big M" sei die Philosophie, die über allem steht, sagt Cassian Lau, der leider weder verwandt noch verschwägert mit Joseph Lau sei, einem der reichsten Männer Hongkongs und der Welt. "Es ist hart, ein Kommunist zu sein, wenn du kein Geld hast in China", scherzt der Künstler.

Richtig, man vergisst es angesichts des Turbokapitalismus vor Ort immer wieder, aber Hongkong ist China. "Ein Land – zwei Systeme", hatte Deng Xiaoping gesagt, als 1997 die britische Kronkolonie nach 99 Jahren zurück an die Volksrepublik gegeben und ihr für 50 Jahre innere Autonomie gewährt worden ist. Zwei Systeme – das gilt für vieles. Nicht nur für die Wirtschaft und die Währung, sondern auch für den Verkehr: Der chinesische Führerschein gilt in Hongkong nicht und umgekehrt. Außerdem wird in guter britischer Tradition links gefahren.