Die Komödie im Marquardt bringt den Erfolgsfilm „Honig im Kopf“ über einen verwirrten Opa und seine tatkräftige Enkelin in Stuttgart auf die Bühne.

Stuttgart - Demenz ist zur Volkskrankheit geworden. In einer Gesellschaft, in der immer mehr Hochbetagte leben, steigt auch die Zahl der Patienten, die unter Alzheimer oder Demenz leiden, und mit ihnen die Partner, die Kinder, Enkel und Freunde. Das macht die Krankheit alltäglicher. Den Schrecken nimmt es ihr nicht. Wer sich selbst abhanden kommt, ist für andere eine Zumutung oder zumindest eine Herausforderung.

 

Demenz als Stoff für eine Komödie? Warum nicht. Denn die Krankheit in all ihrer Tragik birgt auch komisches Potenzial, die vergesslichen Alten in ihrer verschobenen Wahrnehmung begehen erheiternde Fehlgriffe. „Honig im Kopf“ hat das als Kinofilm vor drei Jahren mit einem herausragenden Dieter Hallervorden in der Hauptrolle vorgeführt. Dass sich die Komödie im Marquardt an diesen Erfolg dranhängen möchte, wen wundert’s. Aber sie will nicht das Fürchten, sondern das Lachen lehren.

Ernst Wilhelm Lenik spielt Amandus als knitzen Alten

Dass Opa Amandus die Toilette mit dem Kühlschrank verwechselt und sein Wasser in die Gemüseschublade abschlägt, ist schon etwas eklig, aber vor allem witzig. „Du bist der lustigste Erwachsene, den ich kenne“, sagt seine Enkelin Tilda einmal. Denn Opa Amandus ist eben nicht nur vergesslich, sondern auch ziemlich rebellisch und schlagfertig. Ernst Wilhelm Lenik spielt ihn überzeugend als knitzen Alten, zeigt mit versteinerten Zügen aber auch die Verzweiflung, die sich manchmal in ihm breit macht.

Die 11-Jährige Tilda liebt ihren Opa über alles, schließlich ist er nicht nur komisch, sondern hat auch immer Zeit für sie, was man von ihren Eltern nicht sagen kann. Die sind von dem Durcheinander, das Opa anrichtet, irgendwann überfordert. Opa muss ins Heim, kommen sein Sohn und seine Schwiegertochter überein. Das geht gar nicht, findet Enkelin Tilda, die bei der Premiere von der jungen Emily Kemmner gespielt wird, und macht sich mit Opa Amandus auf nach Venedig.

Das Stück erzählt den Film nach

Wer den Film gesehen hat, weiß das alles, und muss zwar auf die opulenten Landschafts- und Venedigbilder verzichten, aber nur auf sehr wenige Szenen. Das ist auch ein Problem der Inszenierung. Diese basiert nicht nur auf dem höchst erfolgreichen Film, sie erzählt ihn nach. Eine Szene jagt die nächste, das Ensemble marschiert im Schweinsgalopp durch die letzten Jahre von Opa Amandus und ist am Kulissenschieben, kaum dass die letzte Silbe des jeweiligen Dialogs ausgesprochen ist. Nur Uwe-Peter Spinner, der gleich fünf Nebenrollen spielt, darf manchmal Kostproben seines spielerischen Potenzials geben und eine Kulisse auch einmal raustänzeln.

Insgesamt sechs junge Mädchen sind als Tilda für die Vorstellungen der nächsten Wochen am Start. Emily Kemmner macht ihre Sache jedenfalls sehr gut: Man nimmt ihr den von Zuneigung getragenen Eifer, mit dem sie sich ihrer Opas annimmt, ebenso ab wie ihre Wut auf die Eltern. Dass nicht nur über, sondern vor allem mit ihrem Opa lacht, lässt sie ungemein sympathisch wirken. Nein, es wird nicht alles wieder gut mit Opa Amandus, aber sein Leben endet nicht in der Einsamkeit und dem Vergessen folgt kein Vergessen-Werden. Dieser „Honig im Kopf“ hinterlässt keinen bitteren, höchstens einen zu süßlichen Nachgeschmack.

Aufführungen bis 18. März täglich außer montags