Ein Brief der Schulleitung an Eltern wegen freizügiger Kleidung von Schülerinnen sorgt vor einem Jahr in Horb für einen Shitstorm. Inzwischen haben Schüler ihre eigenen Kleiderregeln aufgestellt.

Horb - Keine langen Unterhemden und keine zu kurzen Hotpants: Eine Werkrealschule in Horb (Kreis Freudenstadt) hat ein Jahr nach ihrem bundesweit diskutierten Hotpantsverbot eine Rote Liste für Kleidung erarbeitet. „Die Schüler haben Kleidungsstücke draufgesetzt, die nicht in die Schule passen“, erklärt Schulleiterin Bianca Brissaud (38). Zuvor hatte der „Schwarzwälder Bote“ über die Liste berichtet. Brissaud war vor einem Jahr wegen eines Briefes an Eltern, in dem sie aufreizende Kleidung von Schülerinnen thematisierte, scharf kritisiert worden.

 

Shitstorm im Netz

Mit dem Brief wurde ein Shitstorm im Netz losgetreten; auch Sexismus-Vorwürfe wurden laut. „Wir hatten von Anfang an nicht nur die Mädchen, sondern genauso auch die Jungs im Blick. Deren Kleidung kann ebenso unpassend sein“, korrigierte Brissaud schon damals. Ein Riesen-T-Shirt, das Schüler mit unangebrachter Kleidung damals überziehen mussten, hat im vergangenen August das Bonner Haus der Geschichte aufgekauft.

Inzwischen sieht die Schuldirektorin keinen Bedarf mehr, unangemessen gekleidete Schüler in zu große T-Shirts zu gewanden. „Wir haben die Liste und wollen Probleme über die Kommunikation klären“, betonte Brissaud. Die Schüler seien sensibler und fragten sich untereinander, ob sie angemessen gekleidet seien. Seit dem Medienrummel vor einem Jahr habe es keine Beschwerde über Kleidung mehr gegeben.

Keine Rechtsgrundlage

Eine Rechtsgrundlage für Kleidervorschriften gibt es nach Angaben des Kultusministeriums nicht. Danach darf ein Lehrer nur einschreiten, wenn durch ein Kleidungsstück - „oder ein fehlendes Kleidungsstück“, so die Ministeriumssprecherin Christine Sattler, - die Ordnung der Schule gefährdet sei. Über ein Kleidergebot an Schulen sagt sie: „Wenn alle mitmachen und das Konsens ist, kann man das sicher machen.“

Die Rote Liste an der Horber Schule entstand, indem Schüler und Lehrer während einer Projektwoche extreme Kleidungsstile ausprobiert haben - zum Beispiel Schlabberlook, Abendgarderobe und Kombinationen von offensichtlich schlechtem Geschmack. Was Schüler als unangemessen betrachteten, steht nun auf einer Liste in jedem Klassenzimmer: unter anderem Bademäntel, Hausschuhe, Kostüme, zu tiefe Ausschnitte, bauchfreie Oberteile, Baggypants - und „zu kurze Hotpants“.