Horst Seehofer will als CSU-Vorsitzender und Bundesinnenminister zurücktreten - aber erst im kommenden Jahr. Die Opposition in Berlin findet: So lang kann er nicht in der Regierung bleiben.

München - Nach der Rücktrittsankündigung von CSU-Chef Horst Seehofer fordern die Grünen im Bundestag seinen sofortigen Verzicht auf das Amt des Bundesinnenministers. „Jeder Tag, den Horst Seehofer weiter Innenminister bleibt, ist ein Tag zu viel“, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dem „Tagesspiegel“ (Montag). Seehofer hatte nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Sonntagabend bei Beratungen der engsten Parteispitze angekündigt, beide Spitzenämter im kommenden Jahr abzugeben. Ein neuer Parteichef soll auf einem Sonderparteitag Anfang 2019 gewählt werden. Einen konkreten Zeitpunkt für den Rückzug aus der Bundesregierung ließ der 69-Jährige noch offen. Er habe aber deutlich gemacht, dass er ohne den Parteivorsitz auch nicht Innenminister bleiben wolle.

 

Göring-Eckardt sagte dazu: „Wenn es um die Innere Sicherheit in unserem Land geht, darf es keine weitere Hängepartie geben.“ Seehofers Politik der Ausgrenzung und Spaltung sei „ein Sicherheitsrisiko“ für die Gesellschaft. „Er sollte umgehend auch als Innenminister zurücktreten und nicht noch weitere Monate im Amt bleiben.“

Eine mögliche Nachfolge-Lösung für das Innenministerium ist noch offen

Seehofer zieht mit seinem Rückzug aus der Politik die Konsequenzen aus der schweren CSU-Pleite bei der Landtagswahl und beugt sich dem massiven Druck der eigenen Parteibasis, der schon seit dem CSU-Fiasko bei der Bundestagswahl 2017 immer stärker geworden war. Er selbst äußerte sich nach Ende der Sitzung am Sonntagabend nicht. Er kündigte aber eine persönliche Erklärung an, die er im Laufe dieser Woche abgeben will.

Als mit Abstand aussichtsreichster Nachfolge-Kandidat für den CSU-Chefposten gilt inzwischen der alte und neue bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Der 51-Jährige würde Seehofer dann schon zum zweiten Mal beerben, nachdem er im März schon den Posten des bayerischen Regierungschefs von Seehofer übernommen hatte.

Eine mögliche Nachfolge-Lösung für das Innenministerium ist noch offen. Seehofer selbst sagte dazu nach Teilnehmerangaben, nach der Neuwahl eines Vorsitzenden müsse der neue Parteichef die Aufstellung der CSU in Berlin in den Blick nehmen. Konkreter wurde er nicht.

Mit einem Rücktritt Seehofers jedenfalls als CSU-Chef war in den vergangenen Wochen immer stärker gerechnet worden. Als vorrangig galt zunächst die Bildung einer Regierung in Bayern, wo die CSU nach dem Verlust der absoluten Mehrheit nun auf einen Koalitionspartner angewiesen ist. Der Koalitionsvertrag mit den Freien Wählern ist aber nun unterschrieben, Söder als Ministerpräsident wiedergewählt und vereidigt, an diesem Montag soll noch das Kabinett benannt werden.

Die CSU war bei der Landtagswahl im Oktober auf nur noch 37,2 Prozent abgestürzt

Parallel zur Regierungsbildung war der parteiinterne Druck auf Seehofer aber immer stärker geworden: Immer mehr Bezirks- und Kreisverbände, immer mehr Abgeordnete und Landräte wandten sich zuletzt von ihm ab und forderten - mal mehr, mal weniger direkt - Seehofers Rücktritt und einen Sonderparteitag mit Neuwahlen. Befeuert und beschleunigt wurde die Debatte durch die Ankündigung von Kanzlerin Angela Merkel, den CDU-Vorsitz im Dezember abzugeben.

In der internen CSU-Sitzung am Sonntagabend meldeten sich nach Teilnehmerangaben fast alle CSU-Bezirksvorsitzenden zu Wort und berichteten von der teils verheerenden Stimmung an der Basis. „Das war sehr deutlich“, berichtete ein Teilnehmer. Mit einer solchen Wucht der Wortmeldungen habe Seehofer womöglich nicht gerechnet.

Die CSU war bei der Landtagswahl am 14. Oktober auf nur noch 37,2 Prozent abgestürzt. Weite Teile der Partei machen dafür vor allem Seehofer verantwortlich.