Sie regieren in Bayern mit absoluter Mehrheit. Löst bei Ihnen die Vorstellung, im Bund womöglich ein Dreierbündnis wie die Jamaika-Koalition eingehen zu müssen, Bauchgrummeln aus?
Nein. Ich schaue mir nur an: Was braucht unser Land? Und was kann ich von unseren Vorstellungen durchsetzen? Ich bekomme für eine Koalition in Berlin keine einzige Stimme in der CSU ohne die Obergrenze. Ich bekomme auch keine einzige Stimme für eine unkontrollierte oder unbegrenzte Zuwanderung, für Steuererhöhungen oder für einen Feldzug gegen den Verbrennungsmotor.
Dann ist eine Koalition mit den Grünen ausgeschlossen.
Schaun wir mal. Als nach der Wahl 2013 sondiert wurde, saßen zwar viele Grüne am Tisch – aber der Herr Trittin hat das Wort geführt. Vielleicht sitzt diesmal Winfried Kretschmann mit am Tisch und sagt auch, dass ein Feldzug gegen das Auto nicht in Frage kommt. Mit Kretschmann könnte ich schon morgen ein Bündnis für ganz Deutschland machen.
Welche Koalition würde Ihnen am besten gefallen?
Schwarz-Gelb wäre mir das Liebste. Weil wir bei den Fragen, die jetzt anstehen – Sicherheit der Arbeitsplätze, technologische Erneuerung, seriöse Finanzpolitik, vernünftige Außen- und Europapolitik -, am besten mit der FDP vorankommen. Die FDP von heute ist nicht mehr die FDP des ungezügelten Neoliberalismus. Ich habe immer gegen einen Liberalismus gestritten, der sich ausschließlich auf wirtschaftliche Interessen konzentriert. Ein moderner Liberalismus muss gleichzeitig für Humanität und sozialen Fortschritt streiten. Das tut die FDP heute wieder mehr.
Ist die SPD kein Gegner mehr für Sie?
Was da passiert, ist für eine Volkspartei fast schon tragisch. Die SPD hat eine Menge Fehler gemacht, auch im Wahlkampf. Der erste katastrophale Fehler von Martin Schulz war, dass er nicht in die Regierung eingetreten ist. Wenn er Außenminister geworden wäre, wäre es vielleicht besser für ihn und seine Partei gelaufen. Dann kam die SPD jede Woche mit einer neuen Idee, was gerade wichtig sei. Da fehlte der rote Faden. Und schließlich dieser Rückfall in eine Umverteilungspolitik. Die Leute haben einen Graus davor. Sie wollen, dass gezielt geholfen wird – den Mietern, den Pflegebedürftigen, den Langzeitarbeitslosen. Sie wollen keine Politik, bei der mit der Gießkanne Geld übers Land verteilt++ wird.
Halten Sie es für möglich, dass die SPD noch einmal in eine große Koalition unter Führung von Merkel eintritt?
Aus der SPD-Führung höre ich, das bekomme man in der Partei mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr hin. Wenn die SPD nach der zweiten großen Koalition mit einem noch einmal schlechteren Ergebnis aus der Wahl kommt, dann werden viele Mitglieder die Reset-Taste drücken wollen und sagen: Jetzt gehen wir in die Opposition.
Wie lange werden diesmal die Koalitionsverhandlungen dauern?
Ich rechne damit, dass es schwieriger wird und länger dauert als sonst. Am 15. Oktober ist erst einmal die Niedersachsenwahl. Bis dahin wird niemand eine neue Bundesregierung bilden können. Und vielleicht haben wir sechs Fraktionen im Bundestag. Das erhöht zwar theoretisch die Koalitionsmöglichkeiten, in der Praxis kann es aber sehr kompliziert werden. Am Ende müssen wir uns ja irgendwie zusammenraufen, da geht es auch um eine staatspolitische Verantwortung.
Also gibt es auf keinen Fall Neuwahlen?
Ganz sicher nicht.