Die CSU-Doppelspitze aus Markus Söder und Horst Seehofer sieht zunächst keinen Grund für „persönliche Konsequenzen“ aus dem Wahldebakel. Seehofer vertröstet seine Kritiker – zumindest vorerst.

München - War was? Der Vorstand der CSU tagt nach dem Wahldebakel nicht mal eine Stunde, da sind erste Personalien schon festgezurrt. Einstimmig, heißt es aus dem Sitzungssaal, hätten die etwa hundert CSU-Spitzen Ministerpräsident Markus Söder zur Wiederwahl nominiert. Auch Söders Vorschlag, seine ehemalige Konkurrentin Ilse Aigner auf den Posten der Landtagspräsidentin wegzuloben, geht ohne Probleme durch.

 

Dabei hatte Fraktionschef Thomas Kreuzer noch gesagt, bei so einem Wahlergebnis könne man nicht zur Tagesordnung übergehen. Und Manfred Weber, den die CSU gerne an der Spitze der Europäischen Kommission sähe, der meint im Fernsehen: „In der parteiinternen Debatte kann es kein ‚weiter so‘ geben.“

Erst mal passiert: nichts

Und doch: Wie schon nach der verlorenen Bundestagswahl im September 2017 passiert auch diesmal: nichts. Damals hat Parteichef Horst Seehofer noch die Verantwortung für das Ergebnis übernommen, heute kommt ihm ein solcher Satz nicht über die Lippen. Der Tag nach der Wahl, sagt er, sei „nicht der Tag der Schuldzuweisungen und der persönlichen Konsequenzen“.

Überhaupt sei die Ursachenforschung erst in den Anfängen. Noch dieses Jahr werde „ein geeignetes Parteigremium in geordneter Form eine vertiefte Analyse anstellen“, verspricht Seehofer. Und: „Ich möchte ausdrücklich hinzufügen: eine Analyse mit Konsequenzen.“ Welches Gremium? „Da gibt es verschiedene Möglichkeiten.“ Und welche Konsequenzen? Schweigen im Saal.

Seehofer spricht von „Konsequenzen“

Vertiefte Analyse. Wenigstens dieses Zugeständnis hat der Parteichef seinen Kritikern gemacht, die sich bei dieser mehr als fünfstündigen Vorstandssitzung heftig zu Wort gemeldet haben. Eine „offene ehrliche Diskussion“ habe man geführt, bestätigt Seehofer. Doch Leute aus dem Parteivorstand sagen auch, im Saal habe nicht unbedingt Revolutionsstimmung geherrscht. Das Schiff der CSU ist mächtig leckgeschlagen, und die Partei will hektisch alles tun, dass nicht noch mehr Wasser eindringt.

Sehen Sie hier den Videokommentar: „Seehofer müsste zurücktreten.“

„Erst mal eine stabile, starke, seriöse Regierung für Bayern bilden“, hat Markus Söder als Linie ausgegeben, und eine Frau aus dem Vorstand bestätigt: „Das ist wichtiger als jede Personaldebatte. Die können wir uns sowieso nicht leisten, weil die Landesverfassung uns nur vier Wochen Zeit zur Regierungsbildung lässt.“

An Rücktritt gedacht haben Söder und Seehofer nach eigenen Angaben nicht. Auch sonst gibt sich die berühmte CSU-Doppelspitze so einig wie noch nie. Präzise haben sie am Wahlabend ihre Aussagen abgestimmt, damit nicht – so Seehofer – irgendwelche Journalisten alle unterschiedlich klingenden Halbsätze eigenwillig interpretieren. Und wenigstens nach dem Parteivorstand treten sie an diesem Montag erstmals gemeinsam vor die Kameras.

Auf die Frage, ob er zu Ministerpräsident Söder eine Alternative sehe, hatte Seehofer schon vor der Sitzung gesagt: „Die Frage stellt sich wirklich nicht.“ Für sich selber hat er erklärt, die schwierigen Termine der CSU im Jahr 2019 – Europawahl, Kommunalwahlen – bräuchten eine sorgfältige Vorbereitung: „Dazu fühle ich mich sehr wohl in der Lage.“ Übersetzt: Soll keiner erwarten, dass ich vorher gehe.

Söder und Seehofer sehen einen Regierungsauftrag

Warum also die ganze Aufregung? Söder sagt, 37,2 Prozent seien „schmerzlich“ für die CSU, trotzdem liege man immer noch elf Punkte über dem Unionsdurchschnitt in den Bundesländern. Das haben Leute im CSU-Vorstand zwar anders gesehen und sich „gegen diese dauernde Relativiererei“ ausgesprochen. Aber was soll’s? „Wir haben einen klaren Regierungsauftrag“, sagen Söder und Seehofer wie aus einem Munde. Den wolle man schon von Mitte dieser Woche an umsetzen. „Wenn wir den Wählern schon Stabilität versprochen haben, müssen wir alles tun, um nicht selber Ursachen für Instabilität zu setzen“, sagt der Parteichef.