Hans Berger aus Backnang sagt, er habe bei der Betreuung sterbender Menschen „mehr bekommen als gegeben“. Die Hospizstiftung Rems-Murr sucht ständig Männer und Frauen, die ehrenamtlich mitarbeiten wollen.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Backnang - Hans Berger, 70 Jahre jung, ist ein fröhlicher Mann, er hat Humor. Der Ingenieur und ehrenamtliche Sterbebegleiter aus Backnang sagt ernst: „Ich mag schwierige Dinge“. Er sei gespannt, was kommt – was kommt, wenn er gestorben ist. Viele Menschen wollten sich lieber nicht mit dem Tod auseinandersetzen, schon gar nicht mit dem eigenen. Und dann erklärt dieser Hans Berger augenzwinkernd: „Am Ende werde ich mich wohl tot lachen – weil es anders ist, als gedacht.“

 

Berger ist ein interessanter Typ. Er war früher Langstreckenläufer. Er ist seit Jahrzehnten Yogalehrer. Er ist vom Christentum zum Buddhismus gelangt. Und er hat bis vor wenigen Tagen die rund 20-köpfige Hospizbegleitergruppe in Backnang angeführt – rund 15 Jahre lang. In diesem Ehrenamt war der Mann, der in Stuttgarter aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, für die Koordination der Einsätze von knapp zwei Dutzend Sterbebegleitern in der Murrstadt zuständig. Wegbegleiter, die ihn gut kennen, sagen, Hans Berger habe diese Aufgabe immer mit viel Warmherzigkeit und großem Geschick erfüllt.

Ein Gegenpol zur Arbeit als Ingenieur

Doch jetzt ist Schluss. Berger sagt, er wolle sich mehr Zeit nehmen für die Familie. Seine Tochter und die zwei kleinen Enkel wohnen weiter weg. Wie viele sterbende Menschen er als Hospizbegleiter betreut hat, das hat er nicht gezählt. Es waren viele. Er habe in diesem Ehrenamt aber „mehr bekommen als gegeben“. Berger sagt, es sei wichtig, „Respekt vor dem Leben zu zeigen“, vor dem Leben jedes einzelnen. Jeder Mensch sei gut beraten, „die Wahrheit zu achten“, auch die Wahrheit der anderen.

Berger ist einst über eine Yogaschülerin zum ersten Kurs der Hospizstiftung Rems-Murr gekommen, 1994 war das. „Hans, das wäre doch was für dich“, das hat die Frau damals gesagt – und sie hat Recht behalten. Der rüstige Senior ist kürzlich für sein langjähriges Engagement vom Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper mit dem Ehrenteller der Stadt ausgezeichnet worden – auch stellvertretend für die anderen Ehrenamtlichen in der Gruppe. Der Ingenieur habe womöglich einen Gegenpol zu seiner Arbeit gesucht, so der Stadtchef, einen Gegenpol zum Messen und zum Zählen und zum Wiegen. In Tübingen geboren, hat Berger bis zum Eintritt ins (Früh)Rentneralter als Abteilungsleiter für physikalische Erprobung bei Marconi in Backnang gearbeitet. Er war erst 54 Jahre alt, als er mit einer dicken Abfindung die Firma verlassen hat.

2019 soll das neue stationäre Hospiz eröffnet werden

Dass Berger 1971 in Backnang gelandet ist, war purer Zufall. Damals habe er zusammen mit seiner Freundin, seiner späteren Gattin, vielerorts eine Wohnung gesucht. Bei einer Stippvisite in der Murrstadt hat er erst einen Job gefunden – und dann noch eine Bleibe dazu.

Susanne Stolp-Schmidt, die Leiterin der Hospizstiftung, verabschiedet Hans Berger mit einem lachenden und mit einem weinenden Auge. Sie ist froh, dass der Mann so lange mitgearbeitet hat, und sie weiß, dass er eine große Lücke hinterlässt. Die Stiftung, sagt sie, suche immer Männer und Frauen, die ehrenamtlich als Hospizbegleiter mitarbeiten wollten. Im September beginne ein neuer Ausbildungskurs. Speziell in Backnang werden von 2019 an noch mehr Begleiter benötigt, denn dann soll das neue stationäre Hospiz eröffnen.