Hoteliers und Politiker stellen die Gemeinnützigkeit des Jugendherbergsverbands in Frage. Sie kritisieren, dass sich der Verband einerseits auf der Fläche zurückziehe, aber in Großstädten den Privatanbietern Konkurrenz mache.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Stuttgart - Der FDP-Landtagsabgeordnete Friedrich Bullinger übt nach der Schließung der Jugendherberge Rechenberg bei Stimpfach (Kreis Schwäbisch Hall) harsche Kritik am Jugendherbergswerk (DJH). „Es ist nicht akzeptabel, dass man für sich die unzweifelhaft vorhandenen Vorteile der Gemeinnützigkeit und die Förderung mit staatlichen Mitteln in Anspruch nimmt, die Geschäftspolitik jedoch einseitig auf Standorte in Großstädten fokussiert“, sagte der FDP-Politiker. Es stelle sich die Frage, ob die Gemeinnützigkeit und die Förderung mit staatlichen Mitteln künftig noch zu rechtfertigen sei.

 

In den vergangenen 15 Jahren ist jede dritte Jugendherberge in Baden-Württemberg geschlossen worden. Die Zahl der Häuser sank auf 45. So ist das Herbergswerk im Nordosten des Landes nur noch in Creglingen, Schwäbisch Hall und in Aalen vertreten. Früher gab es in der Region zwölf Häuser. Selbst die Zukunft der Aalener Jugendherberge ist offen.

Neueröffnungen in den großen Städten

Häuser im ländlichen Raum würden offenbar gezielt heruntergewirtschaftet, sagte Bullinger. Dafür investiere der Verband Millionenbeträge in Großstädten wie Mannheim oder Heilbronn. Dort öffnet im Oktober eine neue Jugendherberge auf dem Gelände der Bundesgartenschau 2019. Auch der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga sieht die Konzentration des Jugendherbergsverbandes auf die großen Städte skeptisch. So habe es Irritationen gegeben, nachdem das DJH für seine neu eröffnete Jugendherberge Stuttgart international gezielt um Tagungsgäste geworben habe. Sogar Firmen wie Fielmann und Mercedes buchten die Herberge. Es habe sich um Auszubildende gehandelt, hieß es als Rechtfertigung. Im Anbetracht der staatlichen Förderung sei es entscheidend, dass das DJH sich auf seinen Vereinszweck beschränke, nämlich die Beherbergung von jungen Menschen, sagte der Dehoga-Sprecher Daniel Ohl. „Sonst haben wir eine Wettbewerbsverzerrung.“

Laut einer Richtlinie des Kultusministeriums kann das DJH bis zu 50 Prozent seiner Sanierungs- und Neubaukosten über Landeszuschüsse abdecken. So flossen nach einer Aufstellung des Ministeriums zwischen 2004 und 2013 fast neun Millionen Euro aus dem Landesetat für Modernisierungen ans Herbergswerk. Zudem profitiert der Verband von der Befreiung von der Körperschafts-, Gewerbe- und Umsatzsteuer und bestimmten Landesgebühren.

Das Ministerium sieht keinen Handlungsbedarf

Auch gegenüber den Städten und Gemeinden hält das DJH die Hand auf. Oft wird nur bei einer angemessenen Beteiligung die notwendige Sanierung überhaupt in Angriff genommen. So unterstützt die Stadt Göppingen den Umbau der Jugendherberge am Hohenstaufen mit fast einer Million Euro. Für die Instandsetzung von Burg Rechenberg fehlten gar 1,5 Millionen Euro – zu viel für einen 3200-Einwohner-Ort wie Stimpfach. So blieb nur die Schließung. Der Fall werfe ein bezeichnendes Licht auf das Geschäftsgebaren des Jugendherbergswerks, sagte Bullinger.

Im Kultusministerium sieht man keinen Handlungsbedarf. Es gebe regelmäßige Prüfungen, und über die Mitgliedschaft im Hauptausschuss des Verbandes steuere das Ministerium Tendenzen, die vom Satzungszweck abwichen, frühzeitig entgegen.