Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)


Walter Stahlecker (1900-1942)

 

Auch Stahlecker, geboren in Sternenfels, war ein promovierter Jurist. Er stehe, so Sarah Stewart vom Haus der Geschichte, wie Mattheiß und Boës für jene Generation junger Karrieristen, die die Aufstiegschancen des Dritten Reiches unbedingt nutzen wollten. In den drei Jahren als Chef der Gestapo, bis April 1937, habe Stahlecker die Zusammenarbeit der Gestapo mit der SS geplant und umgesetzt, schreibt Ingrid Bauz. Daneben habe er die verbotene KPD mit V-Leuten infiltriert und so die Strukturen der verbotenen Partei weitgehend zerschlagen, sagt Friedemann Rincke.

Zu schrecklicher Berühmtheit gelangte Walter Stahlecker aber erst später. Er wurde im Juni 1941 Leiter der Einsatzgruppe A im Baltikum, bald darauf auch Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Riga. Unter seinem Befehl seien damals, so Rincke, die baltischen Juden ermordet worden: „Er hat richtiggehend gewütet.“ Allein bis Ende 1941 seien 250 000 Personen umgekommen. Auch jene 1000 jüdischen Mitbürger aus Württemberg, die im Dezember 1941 nach Riga deportiert worden sind, gehörten in Stahleckers Distrikt.

Fast alle diese Menschen aus Württemberg wurden am 26. März 1942 in einer Massenexekution erschossen. Stahlecker starb drei Tage zuvor, am 23. März 1942, während eines Angriffes von Partisanen.


Joachim Boës (1899-1941)

Walter Stahlecker gehörte zu den Schlächtern im Osten


Walter Stahlecker (1900-1942)

Auch Stahlecker, geboren in Sternenfels, war ein promovierter Jurist. Er stehe, so Sarah Stewart vom Haus der Geschichte, wie Mattheiß und Boës für jene Generation junger Karrieristen, die die Aufstiegschancen des Dritten Reiches unbedingt nutzen wollten. In den drei Jahren als Chef der Gestapo, bis April 1937, habe Stahlecker die Zusammenarbeit der Gestapo mit der SS geplant und umgesetzt, schreibt Ingrid Bauz. Daneben habe er die verbotene KPD mit V-Leuten infiltriert und so die Strukturen der verbotenen Partei weitgehend zerschlagen, sagt Friedemann Rincke.

Zu schrecklicher Berühmtheit gelangte Walter Stahlecker aber erst später. Er wurde im Juni 1941 Leiter der Einsatzgruppe A im Baltikum, bald darauf auch Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Riga. Unter seinem Befehl seien damals, so Rincke, die baltischen Juden ermordet worden: „Er hat richtiggehend gewütet.“ Allein bis Ende 1941 seien 250 000 Personen umgekommen. Auch jene 1000 jüdischen Mitbürger aus Württemberg, die im Dezember 1941 nach Riga deportiert worden sind, gehörten in Stahleckers Distrikt.

Fast alle diese Menschen aus Württemberg wurden am 26. März 1942 in einer Massenexekution erschossen. Stahlecker starb drei Tage zuvor, am 23. März 1942, während eines Angriffes von Partisanen.


Joachim Boës (1899-1941)

Boës war der einzige der vier Chefs, der nicht aus dem deutschen Südwesten stammte. Er leitete die Behörde bis zum Mai 1940: In seine Amtszeit fiel, so schreibt das Haus der Geschichte, die Radikalisierung der anitjüdischen Politik – für das Pogrom am 9. November 1938 zeichnete die Gestapo und damit Joachim Boës maßgeblich verantwortlich. Er hat es aber wohl als Makel empfunden, im Ersten Weltkrieg nur ganz kurz im Feld gewesen zu sein und meldete sich 1940 freiwillig für die Wehrmacht, wo er wieder ganz unten als Gefreiter habe anfangen müssen, sagt Friedemann Rincke. An die Front schaffte es Boës auch dieses Mal nicht: Er starb im Juli 1941 in der Etappe in Bukarest an Ruhr.

Friedrich Mußgay (1892–1946)

Er war ohne Zweifel der prägendste Leiter der Stuttgarter Gestapo. Der gebürtige Ludwigsburger war schon 1917 in den Polizeidienst eingetreten; er kannte als Einziger die Behörde von innen und konnte es deshalb auch während seiner Zeit als Chef nicht lassen, bei Verhören dabei zu sein. Schon ab 1937 hatte er das Spitzel- und Informantennetz der Gestapo aufgebaut. Als Chef war er nun verantwortlich für die Deportation der jüdischen Bürger, später dann für die Überwachung und die Repression gegen die zahlreichen Zwangsarbeiter. Roland Maier bezeichnete Mußgay im Buch „Stuttgarter NS-Täter“ als „einen der willfährigsten Vollstrecker nationalsozialistischer Terrormaßnahmen im Land“.

Friedrich Mußgay (1892-1946)

Die Person Mußgay sei nicht wirklich zu fassen, sagt Rincke: Manche beschreiben ihn als „Rumpelstilzchen“, andere als „ruhigen Fachmann“; einerseits ist er erst zum letztmöglichen Zeitpunkt in die NSDAP eingetreten, andererseits könnte er schon in den 1920er Jahren die Partei vor Razzien gewarnt haben – denn offiziell war Mußgay in der Weimarer Republik für die Überwachung der rechtsradikalen NSDAP zuständig gewesen. Die große Karriere, so Sarah Stewart, lasse aber keinen Zweifel daran, dass er seine Arbeit in den Augen der Nazis gut und effizient erledigt habe.

Am 3. September 1946 nahm sich Mußgay in amerikanischer Haft in Stuttgart das Leben. In seinem erhaltenen Abschiedsbrief streitet er alle Schuld ab und schreibt: „Ich versichere mit gutem Gewissen, dass ich niemand einen solchen Befehl [zu Exekutionen] gegeben habe, aber man glaubt mir nicht. Wenn ich mir vorstelle, dass ich soll noch jahrelang eingesperrt sein! Seelisch kann ich es nicht mehr tragen.“

Rein formal, sagt Rincke, habe Friedrich Mußgay sogar recht, denn das Reichssicherheitshauptamt in Berlin gab offiziell den Befehl zur Hinrichtung, die man im NS-Jargon Sonderbehandlung nannte. Allerdings sei die Empfehlung für die Exekution meistens zuvor aus Stuttgart gekommen: „Ein gewaltiges Maß an Verantwortung liegt bei Mußgay“, so Rinckes Urteil. Der letzte Leiter der Stuttgarter Gestapo, der im Gestapo-Buch laut Sigrid Brüggemann einst wegen seiner Erfolge im Kampf gegen NS-Opposition der „Fuchs“ genannt worden war, hat nun nur noch einen Wunsch: „Gott der Herr möge mir auch verzeihen und mir ein gnädiger Richter sein.“

In loser Folge stellt die StZ neue Erkenntnisse zum Hotel Silber vor, die das Haus der Geschichte und Laien gewonnen haben. Die weiteren Serienteile finden Sie hier.