„How I met your Father“ und „Ms. Marvel“ bei Disney+ setzen bei ihren Protagonisten auf Vielfalt. Auch die ZDF-Serie „Becoming Charlie“ orientiert sich an diesem Kriterium. Werden die Serien dem Diversitätsanspruch gerecht?

Freizeit & Unterhaltung : Gunther Reinhardt (gun)

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen, das gerne als TV-Dinosaurier verhöhnt wird, der nur noch Bestager vor den Fernseher lockt, traut sich was. Erst hat das Erste frech eine lesbische Lovestory ins Zentrum seiner großen historischen Weihnachtseventserie „Eldorado KaDeWe“ gestellt. Und jetzt hat das ZDF mit „Becoming Charlie“ die erste deutsche Serie produziert, in der es um eine nonbinäre Hauptfigur geht.

 

Diversität als zentrales Serienthema

Diversität ist im Seriengeschäft zum bestimmenden Thema geworden, vor allem im Bezug auf die sexuelle Orientierung der Protagonisten und wenn es um die Abbildung der Lebenswelten junger Menschen geht. Auch die US-Serie „Euphoria“, die bei Sky zu sehen ist, erzählt von einer nonbinären Figur. Aber auch die Serien „Sex Education“ (Netflix), „Generation“ (RTL+) oder „All you need“ (ARD) gehen wunderbar unverkrampft mit Geschlechteridentitäten um.

Bei Diversität geht es nicht nur um Sex

Doch das Thema Diversität erschöpft sich nicht in der Frage, ob man Männer, Frauen oder beides liebt. Und nicht überall, wo Diversität draufsteht, ist auch Vielfalt drin. Das beweist die Serie „How I met your Father“, die jetzt bei Disney+ gestartet ist. Nachdem in „How I met your Mother“ (2005–2014) der Ted Mosby des Jahres 2030 seinen Kindern erzählte, wie er einst deren Mutter kennenlernte, testet nun eine Sophie des Jahres 2050 mit so einer Story die Geduld ihres Sohns und des Publikums.

„Friends“: weiß und heterosexuell

Nach zehn Episoden wird man zwar immerhin mit zwei Gastauftritten von Stars der Originalserie belohnt, weiß aber natürlich noch nicht, ob Jesse, Drew, Ian, Charlie oder ein ganz anderer der Auserwählte der Sofie des Jahres 2022 werden wird. Wie „How I met your Mother“ ist auch dieses Spin-off letztlich nur eine nicht ganz so witzige, nicht ganz so clevere Kopie des Sitcom-Klassikers „Friends“. Doch diesem könnte man aus heutiger Sicht vorwerfen, dass alle Hauptfiguren weiß und heterosexuell waren und nur Phoebie als Figur etwas unkonventioneller sein durfte.

Farbenblind im negativen Sinn

Der New Yorker Freundeskreis, um den es jetzt in „How I met your Father“ geht, ist dagegen in Sachen sexueller Orientierung und ethnischer Herkunft so divers wie möglich aufgestellt. Unkonventionell ist hier allerdings gar nichts. Die Vielfalt der Welt wird hier nicht wirklich abgebildet. Zwar gehören zu den Hauptfiguren nun Schwarze, Asiaten, Latinos und eine Lesbe. Doch die Gags, die sich das Autorenteam für sie ausdenkt, spulen nur altbekannte Sitcom-Harmlosigkeiten ab, die die Unterschiedlichkeit ignorieren. Die Sitcom ist im negativen Sinn farbenblind, weil sie so tut, als ob es in unserer Gesellschaft heutzutage keine Rolle spielen würde, welche Hautfarbe man hat.

Die erste muslimische Superheldin

Die Superheldinnen-Serie „Ms. Marvel“, die zeitgleich mit „How I met your Father“ bei Disney+ gestartet ist, macht da einen besseren Job. Sie erzählt von dem Teenagermädchen Kamala Khan, das in Jersey City aufwächst und die Tochter pakistanischer Einwanderer ist. Ms. Marvel, die 2014 ihren ersten Comicauftritt hatte, hat nicht nur eine braune Hautfarbe, sie ist vor allem die erste muslimische Superheldin im Marvel-Universum. Und die Macher der Serie „Ms. Marvel“ kosten das aus, lassen einen eintauchen in eine neue, fremde Welt, die ganz anders aussieht, als die, in der Iron Man, Captain America und Co. zu Hause sind.

How I met your Father und Ms. Marvel sind am 8. Juni bei Disney+ gestartet, Becoming Charlie ist in der ZDF-Mediathek verfügbar.

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