Die Frau von Dominique Strauss-Kahn ist in ihren alten Beruf zurückgekehrt – als Chefredakteurin der französischen Online-Zeitung ,,Huffington Post“.

Paris - Die Kritiker sind verstummt. Anne Sinclair, deren unerschütterliche Treue zum treulosen Gatten nicht nur Feministinnen verstört hatte, hat anscheinend doch alles richtig gemacht. Während der über Sexaffären gestürzte Gemahl, Dominique Strauss-Kahn, erste politische Gehversuche unternimmt, erzielt die Ehefrau Popularitätswerte, von denen der Ex-IWF-Chef und Ex-Favorit im französischen Präsidentschaftsrennen wohl nicht einmal mehr zu träumen wagt.

 

Zur beliebtesten Französin hat es die 63-Jährige mit den samtblauen Augen gebracht. Die neue IWF-Chefin Christine Lagarde und die Präsidentengattin Carla Bruni müssen mit den Plätzen zwei und drei vorliebnehmen. Aber nicht nur privat, auch beruflich ist Sinclair obenauf. Arianna Huffington, Gründerin der US-amerikanischen Online-Zeitung „Huffington Post“, hat die Juristin und Journalistin zur Chefredakteurin der französischen Ausgabe von „Huff-Po“ ernannt. Gestern ist die erste Ausgabe ins Netz gestellt worden.

Auf der anderen Seite des Atlantiks zählt die 2005 gegründete Zeitung zu den am meisten angeklickten Websites. Im Februar 2011 für 315 Millionen Dollar vom Internetkonzern AOL erworben, bietet die „Huffington Post“ nicht nur selbst recherchierte Geschichten, Blogs von Prominenten oder Links zu anderen Nachrichtenseiten. Sie eröffnet Nutzern auch die Möglichkeit, eigene Beiträge zu veröffentlichen. Im Sommer vergangenen Jahres hatte Arianna Huffington das Erfolgsrezept bereits nach Großbritannien exportiert. Nun soll es auch in Frankreich Früchte tragen – mit der prominentesten Bürgerin des Landes als Aushängeschild.

Mutter Teresa, Bill Clinton, Helmut Kohl – alle waren da

In den achtziger und neunziger Jahren hatte Sinclair schon einmal journalistisch Furore gemacht. Beim Fernsehsender TF 1 glänzte die Enkelin des mit Picasso befreundeten Kunsthändlers Paul Rosenberg damals als Starmoderatorin des Politmagazins „7 sur 7“. Ob Mutter Teresa, Bill Clinton, Michail Gorbatschow oder auch Helmut Kohl: wer Rang und Namen hatte, saß bei Sinclair auf dem Sofa. Mit entwaffnender Aufrichtigkeit und charmant-neugierigem Blick lockte die schöne Französin auch Wortkarge aus der Reserve. 1997 kündigte sie. Strauss-Kahn, den sie 1991 geheiratet hatte, war Wirtschaftsminister geworden. Sinclair wollte sich nicht dem Vorwurf aussetzen, das politische Geschäft ihres Ehemannes zu betreiben.

Mit der Berufung an die Spitze der „Huffington Post“ könnte der damals entschärfte Interessenkonflikt freilich von Neuem aufbrechen. Was wird die Online-Zeitung schreiben, wenn Strauss-Kahn in der Callgirl-Affäre stärker unter Druck geraten sollte? Wie wird sich die Tageszeitung „Le Monde“ äußern, die 34 Prozent der Anteile der französischen „Huff-Po“ hält? So professionell wie möglich werde das Online-Medium mit dem heiklen Thema umgehen, verspricht die Chefredakteurin. „Le Monde“-Journalisten befürchten gleichwohl, das Image des Traditionsblattes könne durch die Nähe zur „Huffington Post“ Schaden nehmen.

Noch ist Sinclairs Glück allerdings ungetrübt. Womöglich nimmt sie auch noch ihre feministischen Kritiker für sich ein. In der neuesten Ausgabe des Frauenmagazins „Elle“ wendet sie sich ihnen zu. Angesprochen auf ihre unerschütterliche Treue, sagt die hintergangene Gattin: „Ich gestehe niemandem das Recht zu, sich in meine Ehe einzumischen, ich bin kein Opfer, keine Heilige, sondern eine freie Frau.“