Bei Hunden, die ohne Steuermarke ausgehen, kennen die Beamten kein Pardon. Bei Autofahrern schon.

Stuttgart - "Es gibt Tage, da wünscht ich, ich wär mein Hund" - zu dieser Erkenntnis kam der Liedermacher Reinhard Mey schon vor vielen Jahren. Das Vorgehen der Stuttgarter Feldschützer allerdings führt nun zur Schlussfolgerung, dass es Tage gibt, an denen man am besten städtischer Beamter wäre - denn am Ende sind Herrchen und Hund die Dummen.

Vergessene Marke wird zum Verhängnis


Was ist geschehen? Ein 48-jähriger Stuttgarter führte seinen Hund Balu, einen weißen Labrador, mit einer sogenannten Retrieverleine im Gewann Zwischen den Bächen in Stuttgart-Möhringen aus. Diese Leine besteht aus einem Stück und benötigt kein extra Halsband, so dass Balu an diesem Julitag keine Hundesteuermarke trug. Diese baumelte nämlich am Halsband, das zu Hause lag. Dies ist laut Satzung der Landeshauptstadt verboten.

Zwei Feldschützer, die im Gewann für Recht und Ordnung sorgen sollten, kontrollierten den Hund und stellten das Herrchen zur Rede. Der Hundebesitzer erklärte, sofort die Marke zu holen - Balu sei kein Steuersünder. Außerdem habe der Rassehund einen implantierten Chip, auf dem alle Daten seines Besitzers gespeichert sind.

Die Feldschützer ermahnten, dass der Hund ständig sein Märkle am Hals tragen müsse und verlangten nach den Personalien des Halters. Wohl, um zu überprüfen, ob er tatsächlich Hundesteuer zahlt, dachte der Mann, der dann aber 15 Euro Verwarnungsgeld zahlen sollte. Es kam zu einer Diskussion, während der ständig Autos vorbeifuhren, die dort nur mit Ausnahmegenehmigung passieren dürften: "Das hat die gar nicht interessiert", klagt der Hundebesitzer, der Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Beamten eingelegt hat.

Keine Zeit für echte Steuersünder


Doch damit nicht genug: weil das Herrchen die 15 Euro Verwarnungsgeld nicht zahlen will, geht der Vorgang als Ordnungswidrigkeit an die Staatsanwaltschaft und ans Amtsgericht. Die überlastete Justiz, die eigentlich gegen echte Steuersünder ermitteln sollte, muss einen Strafbefehl über 56 Euro ausstellen. Das mag per Formblatt dem Staatsanwalt noch schnell von der Hand gehen, aber alles muss dokumentiert und abgeheftet werden.

"Wir machen das natürlich, das ist unser Geschäft," sagt Pressestaatsanwalt Stefan Biehl. Jede Ordnungswidrigkeit müsse verfolgt werden, auch wenn das Verwarnungsgeld nur fünf oder 15 Euro betrage. Zu guter Letzt darf dann der Mann noch vor dem Amtsrichter erscheinen, der über den Widerspruch entscheiden und dafür einen Termin für das Hauptverfahren ansetzen muss. Er könnte den Vorgang aber auch einfach einstellen - um Zeit zu haben für echte Sünder und Missetäter.