Hunderte Fälle in Baden-Württemberg Wohnungsbetrüger nehmen Studenten ins Visier

Studierende an der Uni Stuttgart schauen Wohnungsanzeigen durch. Besonders im Internet gibt es immer mehr Betrugsversuche. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Wohnungen, die es nicht gibt, und hohe Vorauszahlungen: Seit Jahren nutzen Betrüger den engen Immobilienmarkt. Jetzt locken sie verstärkt Studenten in die Falle. Das LKA wendet sich an alle Hochschulen im Land.

Kriminalität, Sicherheit und Justiz: Jürgen Bock (jbo)

Der junge Mann ist glücklich. Über Facebook ist er auf der Suche nach einer Wohnung an seinem Studienort endlich fündig geworden. Die Vermieterin in spe setzt sich mit ihm per E-Mail in Verbindung, später verlagert sich die Korrespondenz auf WhatsApp. Die Zusage steht, die Wohnung allerdings hat der Student noch nicht gesehen – und begeht dann den entscheidenden Fehler. Die beiden einigen sich auf eine Vorauszahlung, die aus einer Monatsmiete und einer Kaution besteht. Das Geld überweist der junge Mann auf ein italienisches Bankkonto. Danach bricht der Kontakt ab. Die angebliche Vermieterin ist nicht mehr zu erreichen.

 

Seit Jahren gibt es vielerorts im Land einen äußerst engen Immobilienmarkt. Gerade in den großen Städten und an Universitätsstandorten fehlt es an bezahlbaren Unterkünften. Die Zimmer in Studentenwohnheimen reichen nicht aus, viele suchen verzweifelt. Das nutzen Kriminelle mit unterschiedlichsten Maschen aus. Gerade jetzt im Sommer sind dabei nach Erkenntnissen der Ermittler besonders Studierende beliebte Opfer.

„Die Zulassungen an den Hochschulen für das bevorstehende Wintersemester sind eingetroffen. Damit beginnt für viele Studierende die Suche nach einer geeigneten Wohnung oder einem WG-Zimmer“, heißt es beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg (LKA) in Stuttgart. Betrügerinnen und Betrüger nutzten die angespannte Wohnungssituation, um gutgläubige Wohnungssuchende um ihr Geld zu bringen.

„Betrügerische Immobilienanzeigen locken vor allem mit niedrigen Mietpreisen und guter Lage. Kriminelle erschleichen damit persönliche Daten und fordern hohe Gebühren oder Kautionen“, warnt Ute Scholpp, Leiterin der Landeskriminalprävention des LKA. Wenn Geld geflossen ist, breche der Kontakt zum vermeintlichen Wohnungsanbietenden ab und das Geld sei weg.

Informationen für alle Hochschulen

Das LKA hat deshalb jetzt ein Infoblatt an alle Hochschulen im Land verschickt, um über das Thema aufzuklären. Es ist auch im Internet unter https://praevention.polizei-bw.de/praevention/betrugdiebstahl/ verfügbar. Die Ermittler hoffen, dass sich die verschiedenen Methoden unter den Studierenden herumsprechen und die Warnungen dabei helfen, nicht in die Falle zu tappen.

Generell ist Wohnungsbetrug eine äußerst beliebte Masche. Das zeigen auch Zahlen. In der Polizeilichen Kriminalstatistik ist das Thema zwar nicht gesondert erfasst. Eine Lagebildauswertung des LKA für unsere Zeitung ergibt aber: In den zurückliegenden zwölf Monaten „liegen die Fallzahlen für Betrug im Zusammenhang mit betrügerisch erstellten Wohnungsangeboten im mittleren dreistelligem Bereich“, sagt eine Sprecherin. Hunderte Fälle in Baden-Württemberg also – nicht wenige davon betreffen Studierende. Die Polizeipräsidien mit den meisten Fällen sind Stuttgart, Mannheim, Freiburg und Reutlingen.

Auch seriöse Makler sind nicht sicher

Erwischt werden die Täter nur selten, oft sitzen sie in Ländern, in denen die Polizei schlecht an sie herankommt. Die großen Immobilienportale versuchen, das Schlimmste zu verhindern, und entfernen nach eigenen Angaben jeden Monat Hunderte verdächtige Anzeigen. Doch die Betrüger lassen sich immer wieder neue Tricks einfallen. So sind auch Fälle bekannt geworden, in denen die Internetseiten oder Mailadressen von echten Immobilienmaklern geknackt und anschließend für Betrugsversuche verwendet worden sind. Die Betroffenen bemerken das erst, wenn skeptische Interessenten bei ihnen direkt nachfragen.

Ziel der Täter ist es fast immer, vorab Zahlungen zu veranlassen. Meist werben sie im Internet mit besonders günstigen Wohnungen. Meldet sich ein Interessent, gibt es irgendwelche Hemmnisse, die es angeblich erfordern, vorab Geld zu schicken. Entweder ist der vermeintliche Vermieter krank oder gerade im Ausland und will zur Besichtigung den Schlüssel schicken. Dafür verlangt er eine Kaution. Oder es wird zugesichert, dass der oder die Suchende die Wohnung haben könne – nach Überweisung einer Monatsmiete und der Kaution. Die entsprechenden Räume gibt es oft gar nicht. Fotos sind meist aus anderen Annoncen oder Einrichtungskatalogen herauskopiert.

Finger weg bei Ansprechpartnern im Ausland

Das LKA empfiehlt deshalb, auch bei verzweifelter Wohnungssuche den gesunden Menschenverstand walten zu lassen. Das bedeutet: Vorsicht bei besonders günstigen Angeboten. Man sollte auf ein persönliches Treffen mit dem Vermieter bestehen. Zudem sollte man niemals Vorauszahlungen leisten, sondern erst bezahlen, wenn die Wohnung besichtigt und der Mietvertrag unterschrieben ist. Besonders skeptisch werden sollte man, wenn sich die Ansprechperson angeblich im Ausland befindet. Verdächtige Anzeigen sollte man beim betroffenen Immobilienportal melden – und bei der Polizei Anzeige erstatten, falls man selbst Opfer geworden ist.

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