In der Provinz Punjab soll ein Pädophilenring Hunderte Kinder sexuell missbraucht haben. Videos wurden angeblich auch in die USA und nach Europa verkauft.

Lahore - Die meisten Opfer waren jünger als 14, manche erst sechs Jahre alt. „Viele Kinder versuchten, sich vor der Kamera zu verstecken”, berichtet die Journalistin Rameeza Majid Nizami, die sich einige Aufnahmen angesehen hat. Jahrelang soll ein Pädophilenring in der Provinz Punjab Hunderte Kinder missbraucht und die Taten gefilmt haben. Saba Sadiq vom Kinderschutzbüro in Punjab spricht vom „größten Kindesmissbrauchsskandal in der Geschichte Pakistans”.

 

Mit den Aufnahmen erpressten die Täter nicht nur die Eltern und nötigten die Kinder zu weiteren Pornos. Sie sollen die Filme auch in Pakistan sowie in die USA und nach Europa verkauft haben. Der Skandal hat das „Land der Reinen“, wie „Pakistan“ übersetzt wird, geschockt und aufgewühlt. Die Zeitung „The Nation“, die als erste Details berichtete, sprach von einem „nationalen Gefühl der Schande, Scham und Empörung“.

So sollen Politiker und die Polizei in das Verbrechen verstrickt sein oder dieses gedeckt haben. Der Missbrauch hat wohl bereits 2006 begonnen, doch die Polizei soll über Jahre die Täter geschützt haben. Es gibt Vorwürfe, dass lokale Politiker Druck ausübten, das Verbrechen zu vertuschen. Eltern, die Anzeige erstatten wollten, wurden angeblich abgewiesen oder bedroht. Erst als es zu gewalttätigen Protesten kam und 400 Dorfbewohner lokale Polizisten attackierten, wurde der Skandal publik.

Der Polizei traut kaum noch jemand

Noch ist dessen Ausmaß nicht absehbar. Medien berichten, dass 280 Jungen und Mädchen in drei Dörfern missbraucht wurden. Die Polizei stellte 400 Videos sicher und nahm sieben Männer fest, sie sprach allerdings nur von elf Missbrauchsopfern und stellte den Skandal als Streit zwischen zwei verfeindeten Clans dar. Demnach hätten ein paar Schüler mit ihren Handys Sexvideos gemacht, die nun instrumentalisiert würden.Eltern warfen der Polizei dagegen Untätigkeit vor. „Wir trauen der Polizei nicht. Wir fordern, dass Armeechef Raheel Sharif uns hilft“, zitiert die Zeitung „The Nation“ die Mutter einer missbrauchten Zwölfjährigen. Der Regierungschef der Provinz Punjab, Shahbaz Sharif, setzte eine Ermittlungskommission ein.

Die meisten Opfer stammen aus bescheidenen Verhältnissen. Der Täterkreis soll aus 25 Männern bestehen, die über Jahre Kinder verschleppt und vor der Kamera zu sexuellen Handlungen gezwungen haben sollen – in Häusern, auf Feldern, auf Toiletten. Die Täter sollen ihre Opfer auch genötigt haben, sich gegenseitig zu missbrauchen. Fast jedes Kind im Dorf sei betroffen, erzählten Eltern aus dem Dorf Hussein Khanwala im Distrikt Kasur.

Einige Kinder wurden offenbar unter Drogen gesetzt. „Ich war neun Jahre alt, als sie mich entführten und in ein leeres Haus brachten. Dort misshandelten sie mich. Dann gaben sie mir eine Spritze in den Rücken und ich wurde von mehreren Männern unter vorgehaltener Waffe vergewaltigt. Ich entschloss mich, niemanden etwas zu erzählen. Aber sechs Monate später zeigten sie mir das Video, nachdem ich mich weigerte, wieder sexuelle Handlungen vor der Kamera auszuführen”, zitieren Medien einen Jungen.

Kindesmissbrauch ist in ganz Südasien ein großes Problem

Zudem erpressten die Täter die Kinder oder deren Eltern mit den Aufnahmen. Viele Familien zahlten laut Medien aus Scham Schweigegeld. Die Videos wurden für 50 Rupien, umgerechnet knapp 47 Cent, auf dem Schwarzmarkt verkauft. Einige Clips wurden aber offenbar auch für höhere Summen in den Westen geliefert. So sollen Filme auf Pornoseiten in den USA und Europa aufgetaucht ein.

Kindesmissbrauch ist ein verbreitetes Problem in ganz Südasien. Vor allem Kinder aus armen Verhältnissen oder aus Slums sind häufig betroffen. Ende der Neunziger hatte der Serienmörder Javed Iqbal in Lahore hundert Jungen missbraucht und zerstückelt. Auch damals soll die Polizei erst spät eingegriffen haben. 2006 machte das „Haus des Horrors“ im indischen Noida, einem Vorort Delhis, Schlagzeilen. Dort sollen Dutzende Kinder aus einem Slum ermordet worden sein.