Mit seiner Hundertjahrfeier hat sich der Konzern Daimler im Jahr 1986 bis auf die Knochen blamiert. Diesmal soll alles besser werden.

Stuttgart - Wer damals dabei gewesen ist, dem bleibt es unvergessen. Der erinnert sich gut, wie sich der Bundespräsident Richard von Weizsäcker missmutig an den neben ihm sitzenden Daimlerchef Werner Breitschwerdt wandte und auf seine Armbanduhr deutete. Auf der Ehrentribüne hinter den beiden schmorten der amerikanische und der russische Botschafter mit Damen, auch der legendäre japanische Autotycoon Eiji Toyoda sowie die Bosse von VW und Porsche, Bosch und Werweißnochwas. Ihrer aller Mienen sprachen Bände. Im bittersten Augenblick seines beruflichen Daseins wollte Breitschwerdt dem Spuk ein Ende setzen - vergebens.

Was war geschehen? Stuttgart im Januar 1986. Der hundertste Geburtstag des Automobils sollte ein ganz dickes Ding werden. Zur Erinnerung an Gottlieb Daimler, Carl Benz, Wilhelm Maybach und all die anderen unsterblichen Pioniere wollte der Konzern aus Untertürkheim sich selbst feiern, aber auch die weltweite Autofamilie zu Gast haben und das alles höchst standesgemäß in Szene setzen.

Die Gäste langweilten sich


Die Festivitäten dauerten Tage, ein Empfang jagte den anderen. Auf dem Killesberg gab es die Ausstellung "Welt mobil", bei der Bundeskanzler Helmut Kohl den Nachbau von Daimlers erstem Motorwagen bestieg und umherkutschierte. In der Oper feierte man eine rauschende Ballettgala, Ministerpräsident Lothar Späth lud ins Neue Schloss, Daimler-Benz wiederum in sein Museum auf dem Werksgelände. Die Gäste waren handverlesen, Tag und Nacht galt die höchste Sicherheitsstufe. Draußen machten Demonstranten ihrem Unmut über die geplante Daimler-Teststrecke in Boxberg kräftig Luft.

Der glanzvolle Höhepunkt des Jubiläums sollte am Abend des 29. Januar 1986 in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle steigen. Sein Motto: "Die Zukunft hat Geburtstag - 100 Jahre Automobil". 4000 geladene Gäste und Millionen an den Fernsehschirmen würden in den Genuss einer Supershow kommen, für die Daimler und andere Sponsoren tief ins Portemonnaie gegriffen hatten. Dem Regisseur Michael Pfleghar hatten sie 16,5 Millionen Mark allein dafür bewilligt, die Geschichte des Sterns filmisch in Szene zu setzen: von Daimlers kleiner Werkstatt beim Kursaal bis zu den modernen Hightechinnovationen der Zeit. Dazu war in der Halle und natürlich live im Fernsehen ein toller Korso von Oldtimern und aktuellen Produkten aus vielen Autoschmieden der Welt geplant.

Niemand ahnte, dass dem Schwaben Michael Pfleghar, der durch die TV-Kultserie "Klimbim" höchste Popularität genoss, sein Programmablauf durch Pleiten, Pech und Pannen aus der Hand geglitten war. Auf zwei Stunden war der Abend angesetzt, erst nach drei Stunden ging er zu Ende; das Schweizerische und das Österreichische Fernsehen blendeten sich vorzeitig aus.