Im Fall des im Bruchsaler Gefängnis verhungerten Rasmane K. wartet alles auf das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft. Der CDU-Abgeordnete Stefan Scheffold sieht das Justizministerium schon jetzt in der politischen Verantwortung.

Stuttgart - Im Fall des Hungertoten in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bruchsal richtet sich alle Aufmerksamkeit auf den Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den suspendierten Gefängnisleiter sowie die zuständige Ärztin. Ein psychiatrisches Gutachten hatte ergeben, dass es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit möglich gewesen wäre, den unter einer Geistesstörung leidenden Gefangenen Rasmane K. vor dem Tod zu bewahren. Die Staatsanwaltschaft muss nun entscheiden, ob der Tod für die Verantwortlichen in der JVA absehbar war und damit strafrechtliche Konsequenzen angezeigt sind. Der Ständige Ausschuss des Landtags wird sich am 30. April in einer Sondersitzung mit der neuen Entwicklung beschäftigen und Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) befragen.

 

Unabhängig von der strafrechtlichen Bewertung des Falls erkennt der Vorsitzende des Ständigen Ausschusses, der CDU-Abgeordnete Stefan Scheffold, dringenden Aufklärungsbedarf hinsichtlich der möglichen Verletzung der Aufsichtspflicht durch das Justizministerium. Scheffold verweist auf eine Mail des JVA-Leiters vom 2. Juli 2014, in dem er das Ministerium darüber informierte, dass sich der Gefangene von in Leitungswasser eingeweichtem Müsli ernähre, welches er im Gefängnisladen erwerbe, „da er von der Anstalt nichts annehme“. Für Scheffold ist klar: „Da müssen im Ministerium doch die Alarmglocken läuten.“

Rückzug auf Formalitäten

Zumal, wenn diese Meldung mit dem Hinweis einhergehe, der Häftling sei gefährlich, leide unter Wahnvorstellungen (Rasmane K. wähnte, er solle vergiftet werden) und werde als behandlungsbedürftig geschildert. Das Ministerium verweist darauf, dass keine förmliche Meldung („Fachanwendung BRAVA“) über die Verweigerung der Anstaltskost erfolgte. Doch Scheffold lässt das nicht gelten: „Es war dem Ministerium bekannt, dass es erhebliche Probleme mit dem Gefangenen gibt, da darf man sich nicht auf Formalitäten berufen.“

Dies gelte umso mehr, als auch der letzte Antrag der JVA Bruchsal auf Einzelhaft, immerhin schon der siebte, verspätet im Ministerium einging. Scheffold kritisiert: „Das Ministerium musste wissen, dass der Häftling vom 17. Dezember 2013 bis zum 13. Januar 2014 rechtswidrig in Einzelhaft saß.“ Da das Ressort die JVA nicht anwies, den Häftling bis zu einer Entscheidung über den Antrag aus der Einzelhaft zu entlassen, habe es die rechtswidrige Fortdauer der Einzelhaft durch Unterlassen unterstützt. Der Abgeordnete will nun von Minister Stickelberger wissen, ob das Ministerium diese Problematik erkannte und erörterte. Für Scheffold ist klar: Da das Ministerium sowohl über die rechtswidrige Einzelhaft wie auch über die Nahrungsverweigerung und die psychischen Probleme von Rasmane K. im Bilde gewesen sei, spiele es keine Rolle, welche strafrechtliche Verantwortung das Anstaltspersonal treffe. Vielmehr sei die politische Verantwortung des Ressorts und seines Ministers unmittelbar berührt.