Seit knapp 30 Jahren führt Elke von Hacht das Bekleidungsgeschäft Hut Vogel an der Böblinger Straße. Und ans Aufhören denkt sie noch lange nicht – eine Folge aus unserer Serie über alteingesessene Läden und Betriebe in dem Quartier.

S-Süd - Es ist ein ruhiger Spätvormittag bei Hut Vogel in Heslach. Die alte Glocke, die beim Öffnen der quietschenden Ladentür erklingt, ist an diesem Vormittag nur einmal zu hören. Das sei öfter so, sagt die Eigentümerin Elke von Hacht. „Manchmal kommen fünf oder sechs Kunden auf einmal und an manchen Tagen kommt gar niemand“, erklärt sie.

 

So wie Elke von Hacht geht es immer mehr alt eingesessenen Einzelhändlern in Stuttgart. Viele kleine Geschäfte in den Bezirken mussten schon schließen, weil einfach nicht mehr genügend Kundschaft kam. „Hier in der Ecke haben wir nicht mal mehr einen Bäcker oder Metzger“, sagt die Heslacherin. „Alles verödet immer mehr und abends herrscht hier tote Hose. Vor ein paar Jahren dachte ich noch, es geht aufwärts mit dem Stadtteil, aber das Gefühl habe ich jetzt nicht mehr.“

Bis 1986 hielt die U 1 direkt vor dem Geschäft

Die Umgebung rund um den Hut Vogel hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Bis 1986 hielt die U 1 in Heslach direkt vor dem Geschäft, das bescherte dem Hut Vogel Laufkundschaft. Dann wurden der Bahnsteig verlegt und neue Läden eröffnet. Heute ist das Traditionsgeschäft an der Böblinger Straße umgeben von einem Sonnenstudio, einem Kiosk, einem türkischen Bäcker, einem Schreibwarenladen, einem Haushaltswarenladen und einem indischen Restaurant. Laufkundschaft, erzählt Elke von Hacht, komme so gut wie gar nicht mehr am Hut Vogel vorbei. Und die Stammkunden würden immer älter. „Die kaufen dann nicht mehr so viel“, meint sie. Etwas mehr Leben verspricht sich von Hacht von der Entwicklung des früheren Hofbräu-Areals. „Dort sollen ja neue Wohnungen und ein Supermarkt gebaut werden. Ich hoffe, dass Heslach dadurch etwas belebter und aufgewertet wird.“

Seit 1989 führt Elke von Hacht die Geschäfte des Hut Vogel – in vierter Generation. Ihre Urgroßeltern, das Ehepaar Vogel, haben an der Böblinger Straße mit einem kleinen Lebensmittelladen angefangen, ihre Großeltern eröffneten Anfang des 20. Jahrhunderts den Hut Vogel. Ihr Großvater, der die meisten Mützen selbst genäht hat, wurde „Kappen-Vogel“ genannt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude an der Böblinger Straße 75 bei einem Bombenangriff zerstört, doch der Hut Vogel wurde wieder aufgebaut. Bald übernahmen Elke von Hachts Eltern das Geschäft. Aus dem reinen Mützenladen wurde ein Herrenbekleidungsgeschäft. Elke von Hacht nahm später auch Röcke, Blusen und Kleider ins Sortiment mit auf. Nun steht sie seit knapp 30 Jahren hinter der Ladentheke. Freundlich und kompetent berät sie ihre Kunden – so wie sie das in ihrer Ausbildung bei Breuninger einst gelernt hat. Gemeinsam mit ihrem Mann Helmut, der seit seiner Pensionierung ebenfalls im Laden mitarbeitet, verkauft sie Wäsche, Schlafanzüge, Hemden, Röcke, Hosenträger, Hüte und Mützen. Doch die Kunden werden seit Jahren immer weniger. „Die Älteren brauchen nicht mehr so viel und sterben irgendwann und die Jüngeren kaufen ihre Sachen im Internet“, sagt Elke von Hacht. „Leben kann man von dem Geschäft heute nicht mehr.“ Halten, so von Hacht, könne sie den Laden auch nur, weil das Gebäude ihr und ihrer Schwester gehöre, sie also keine Miete für die Ladenfläche bezahlen müsse.

Die Arbeit macht nach wie vor Spaß

Ans Aufhören denkt die 71-Jährige trotz der wenigen Kundschaft nicht. Einen Nachfolger gebe es ohnehin nicht. Außerdem, meint die Heslacherin, hänge sie einfach zu sehr an ihrem Hut Vogel mit seiner langen, traditionsreichen Geschichte. Und die Arbeit mache ihr bis heute Spaß. „Man weiß einfach, warum man morgens aufsteht, man hat Ansprache durch die netten Kunden und ich glaube, dass man durch das Arbeiten auch jünger bleibt“, sagt Elke von Hacht. „Solange es meinem Mann und mir gut geht, wollen wir auf jeden Fall weitermachen.“