Huub Stevens hat den VfB zum zweiten Mal vor dem Abstieg bewahrt. Nun trennen sich die Wege wieder – offenbar nicht nur zur Freude des Trainers.

Paderborn/Stuttgart – Der Angstschweiß steht noch immer auf der Stirn von Bernd Wahler, als der VfB-Präsident nach dem glücklichen Ende einer weiteren Horrorsaison dort auftaucht, wo man ihn seit langer Zeit nicht mehr gesehen hat: vor den Mikrofonen und Fernsehkameras. Von der Tribüne des Paderborner Stadions ist er zunächst an den Spielfeldrand geeilt und jedem um den Hals gefallen, den er erwischen konnte. Jetzt würdigt er jenen Mann, der die Hauptverantwortung an der wundersamen Stuttgarter Rettung trägt: Huub Stevens. „Sagenhaft“ sei es, „wie unser Trainer das wieder hinbekommen hat“, sagt Wahler, „in meinem Kopf und meinem Herzen wird er immer einen Platz haben“.

 

Nur auf der Trainerbank, da ist künftig kein Platz mehr für Stevens. Dort wird von der neuen Saison an Alexander Zorniger sitzen – und in große Fußstapfen treten.

Die VfB-Familie wird auf alle Zeiten dankbar sein

Der ewige Dank der gesamten VfB-Familie ist Stevens gewiss, nachdem er den Verein zum zweiten Mal vor dem Absturz bewahrt hat. In der Vorsaison hatte seine Rettungsmission erst im März begonnen, diesmal ereilte ihn der Hilferuf aus Stuttgart bereits im November. Trotzdem wies der Trainer vom ersten Tag an darauf hin, dass die Aufgabe noch schwerer sei. Nach dem 2:1 in Paderborn sieht er sich endgültig bestätigt. „Letztes Jahr haben 32 Punkte gereicht, damit wären wir dieses Jahr abgestiegen. Das habe ich damit gemeint.“

Nach dem Schlusspfiff hat Stevens beide Fäuste geballt, ehe er unter einem Berg an Gratulanten versank. Mit seinem Trainerteam ist er dann hinüber zum VfB-Fanblock marschiert und hat sich auch dort kurz feiern lassen. Eine halbe Stunde danach aber legt er im völlig überfüllten Paderborner Presseraum seine Stirn schon wieder in Falten und verkneift sich jeden Anflug von Euphorie. „Es ist ein schöner Erfolg, wenn du einem Verein zweimal behilflich sein kannst“, sagt der 61-Jährige – einen Grund, die Nacht zum Tag zu machen, sieht er aber nicht. Nein, er sei „kein Feierbiest“, und nein, er brauche auch kein eigenes Denkmal, „das ist nicht nötig“.

Auf Mallorca will Stevens seine Geschichte erzählen

Er könnte ihn jetzt auskosten, diesen Moment des Triumphes, er könnte über sich und seine Gefühlswelt reden – doch das will Stevens nicht. Offen lässt er die Frage nach seiner Zukunft, obwohl doch bereits jeder weiß, dass er durch Zorniger ersetzt wird. Alles reine Spekulation, erklärt der Trainer streng und lädt nach Mallorca ein, wo er eine Finca besitzt und sich in den nächsten Tagen erholen will: „Dort werde ich meine Geschichte erzählen.“

Sie dürfte einerseits noch einmal davon handeln, wie Stevens in all den Wirren der vergangenen Monate immer die Ruhe bewahrt und nie den Glauben daran verloren hat, dass es der VfB noch schaffen wird. „Er hatte vom ersten Tag an eine klare Linie“, sagt der VfB-Stürmer Martin Harnik: „Die Mannschaft hat ihm vertraut, er hat uns vertraut – das hat alles einfacher gemacht.“ Kurz: „Huub Stevens hat einen Riesenanteil daran, dass wir nicht abgestiegen sind.“

An die Abmachung hat sich der Trainer stets gehalten

Andererseits wird sich die Geschichte womöglich auch darum drehen, dass Huub Stevens gerne länger in Stuttgart gearbeitet hätte, anstatt wieder nur den Feuerwehrmann zu spielen. Er hat in den vergangenen Monaten stets versucht, sich nichts anmerken zu lassen, er ist schließlich Profi. Doch konnte man hin und wieder spüren, wie sehr ihm die Diskussionen über die künftige Besetzung der Trainerbank auf die Nerven gegangen sind. Die Berichte über Zornigers Vertragsunterschrift, Hansi Müllers Plaudereien über die längst vollzogene Einigung – als eher unwürdiges Spiel dürfte Stevens dies empfunden haben. Auch wenn er sich zu jeder Zeit an die Abmachung hielt, über die Zukunft nicht zu sprechen.

Am Tag nach der Rettung gibt der Stuttgarter Manager Robin Dutt am Fußballstammtisch von Sport 1 erstmals öffentlich bekannt, dass Stevens beim VfB aufhören wird. Der Trainer, berichtet Dutt, betrachte seine Mission als erfüllt und wolle nicht länger bleiben, man sei sich darüber schon seit Langem einig gewesen, habe aber striktes Stillschweigen vereinbart, um Unruhe von der Mannschaft abzuwenden.

„Es hat großen Spaß gemacht, das macht es noch immer“

Man wird sehen, ob dieser Teil auch in  Stevens’ Geschichte vorkommen wird. Nach dem Spiel in Paderborn sagt er: „Es hat hier großen Spaß gemacht, das macht es noch immer.“ Und: „Vielleicht komme ich ja aus Mallorca ganz schnell wieder nach Stuttgart zurück – wenn die Vorbereitung auf die neue Saison beginnt.“

So rasch wird das nicht nötig sein. Im nächsten Herbst aber könnte es schon wieder ganz anders aussehen.