Was läuft beim VfB Stuttgart falsch? Wir haben zu diesem Thema in den vergangenen Tagen viele Leserbriefe bekommen – analysierende, hämische, aufmunternde. Eine Auswahl lesen Sie hier.

Stuttgart - Nach dem letzten Spiel des VfB Stuttgart gegen den FC Augsburg ist der Verein Schlusslicht in der Bundesliga-Tabelle, und Trainer Armin Veh hat seinen Rückzug vom Traineramt erklärt. Die derzeitigen Leistungen des VfB, nicht nur sportlich: ein einziges Debakel.

 

Nun kommt Huub Stevens, der den Verein schon in der letzten Saison vor dem Abstieg bewahrte. Turbulente Zeiten auch für VfB-Fans und StZ-Leser. Die einen wünschen sich den Abstieg herbei, andere sehnen sich nach dem Rücktritt des VfB-Präsidenten Bernd Wahler, wieder andere hoffen auf eine neue Zeitrechnung. Wir haben in den vergangenen Tagen sehr viele Leserbriefe zu dem Thema erhalten.

Was unsere Leser über die Situation beim VfB denken, fassen wir hier zusammen:

Exklusivmeldung

Wie soeben vermeldet wird, sind 21 Spieler aus der Profiabteilung des VfB Stuttgart mit sofortiger Wirkung aus der Mannschaft zurückgetreten. „Wir haben erkannt, dass wir im Moment nicht dazu in der Lage sind, dem Verein zu helfen, und wollten einem Neuanfang nicht im Wege stehen“, wird ein Mitglied des Mannschaftsrates zitiert. Präsident Bernd Wahler bedauerte die Entscheidung, zollte den Spielern aber Respekt für ihren Entschluss und dankte ihnen für ihren Einsatz in den vergangenen Spielzeiten. Wie aus Vereinskreisen verlautet, beabsichtigt der VfB, die noch ausstehenden Spiele dieser Saison mit seiner erfolgreichen B-Jugend zu Ende zu spielen, die punktuell gezielt durch Leistungsträger aus der Hermann-Ohlicher-Traditionsmannschaft verstärkt werden soll. Markus Binder, Esslingen

Hut ab vor Armin Veh

Eigentlich können einem die Trainer des VfB Stuttgart leidtun – müssen sie doch, anstatt mit gezielt eingekauften Spielern, mit einem wild zusammengewürfelten Haufen zusammenarbeiten. Fredi Bobic hat nur die Einkaufspolitik fortgesetzt, die sein Vorgänger Horst Heldt jahrelang praktiziert hat. Teure Spieler mit wenig Perspektive und Söldnermentalität wurden geholt: Ljuboja, Boulahrouz, Camoranesi . . . – die Reihe ließe sich endlos fortsetzen. Stattdessen wurden Spieler wie Sebastian Rudy, Rani Khedira, Andreas Beck oder Bernd Leno abgegeben, anstatt die Geduld zu haben, um mit Eigengewächsen ein funktionierendes Team aufzubauen. Im Übrigen setzt man immer noch auf sogenannte Leistungsträger, die dies schon lange nicht mehr sind. Mit Vedad Ibisevic hat man einen spielschwachen Stürmer, dem kaum etwas gelingt. Christian Gentner und Martin Harnik kann man zwar Fleiß bescheinigen, doch mehr als die Hälfte ihrer Bälle versanden im Nichts.

Hut ab nur vor Armin Veh, dass er seine Konsequenzen zieht, die persönliche Verantwortung übernimmt und geht – damit zeigt er Charakter! Manfred Müller, Esslingen

Viel zu viele Mitläufer

Der Vorstand des VfB sollte sich schnellstmöglich dem Schritt von Armin Veh anschließen und geschlossen zurücktreten. Alle Leute, die etwas im Verein zu sagen haben, haben Fehler gemacht und müssen sich nun der Verantwortung stellen. Ein Weiter-so kann und darf es zum Wohle des Vereins nicht mehr geben. Den Verantwortlichen sind ganz offensichtlich Gespür und Geschick für kluge, weit reichende Entscheidungen abhandengekommen. In den letzten Jahren fehlte dem Verein nicht nur Fortune, sondern auch Bodenhaftung, Selbstkritik und Bescheidenheit. An den Trainern kann die Misere des VfB auf jeden Fall nicht mehr liegen. Vielmehr aber an der Zusammenstellung der Mannschaft und der Mentalität der Spieler. Es gibt zu viele Mitläufer und Schönspieler, die in Stuttgart viel zu viel Geld verdienen.Wolfgang Ritter, Filderstadt

Hoffen auf eine neue Zeitrechnung vs. Abstiegswünsche

Kein Alibi mehr

Uns leidensfähige Dauerkartenbesitzer auf der Haupttribüne war nach dem unglücklich verlorenen Spiel gegen Augsburg klar, dass der Cheftrainer Armin Veh von sich aus als Ehrenmann das Handtuch werfen wird. Veh hat gemerkt, dass er der Mannschaft seine Spielphilosophie nicht mehr vermitteln kann, die Ergebnisse nicht stimmen und ihn das Glück verlassen hat. Ein nobler Rücktritt ist allemal besser als ein schwieriger Rausschmiss. Die Personalie Stevens ist hervorragend. Ich habe nie verstanden, dass Stevens nicht weitermachen konnte. Vielleicht war dies nicht im Sinne des Ex-Sportdirektors, den „Knurrer aus Kerkrade“ weiter zu beschäftigen? Jetzt gilt die Parole: furchtlos und treu die Tabelle von hinten aufmischen. Die Mannschaft hat kein Alibi mehr. Hoffentlich beginnt nun eine neue längere Zeitrechnung. Denn seit 1965 hat der VfB 42 Cheftrainer entlassen. Die Halbwertzeit wurde immer kürzer. Dr. Hans-Ingo von Pollern, Waiblingen

Verdienter Abstieg

Hoffentlich steigt der VfB bald ab, damit alle in diesem Verein endlich wissen, wo sie hingehören. Hans-Joachim Franke, Stuttgart

Langjährige Verkettung von Fehlern

Die derzeitig schlechte, aber keinesfalls ausweglose Situation des Vereins resultiert aus einer langjährigen Verkettung von Fehlern. Es mangelt beim VfB auf vielen Ebenen an Fachwissen und an der nicht zu unterschätzenden professionellen Einstellung. Die Analyse der „Bestandteile“ Trainer, Sportdirektor, Spieler und Präsident soll dies begründen.

Der Trainer: Armin Veh hat die Herausforderung zu Saisonbeginn angenommen, eine angeschlagene und verunsicherte Mannschaft zu stabilisieren und zu verbessern und mit sinnvollen Transfers zu stärken. Dabei hat er das spielerische Niveau der Mannschaft überschätzt. Er konnte die Hauptfehlerquellen nicht abstellen. Keine geordnete Defensive mit Absicherungen, kein schnelles Umschaltspiel bei Ballgewinn, kein kluger Spielaufbau. Armin Veh konnte eine weder technisch noch taktisch überzeugende Startelf formen, die den Ansprüchen der Bundesliga genügt.

Der ehemalige Sportdirektor: Bei Fredi Bobic war die Identifikation mit dem Verein auch vorhanden, doch das schützt in dieser Position vor Fehlern nicht, im Gegenteil. Die Transfers basierten auf dem Hoffnung-auf-Aufblühen-, Zurückkommen-, Sich-entwickeln-Prinzip. Es wurden keine Führungsspieler verpflichtet. Fehlende Kompetenz konnte Fredi Bobic auch nicht durch „Learning on the Job“ wettmachen.

Die Spieler: Die Neuzugänge konnten der Mannschaft keine Impulse geben. Es fehlen zudem Spieler, die von ihrem Leistungsvermögen einen Führungsanspruch ableiten können. Das Aufblühen ehemaliger VfB-Spieler bei anderen Vereinen und das abfallende Leistungsniveau der Stuttgarter Profis wirft auch die Frage auf, ob sich das Umfeld negativ auswirkt. Gibt es zum Beispiel Defizite bei der Betreuung ausländischer Spieler? Und warum identifizieren sich die Spieler häufig nicht mit dem Verein? Verliert man beim VfB den Spaß am Fußball?

Der Präsident: Bernd Wahler identifiziert sich stark mit dem VfB Stuttgart. Er hat es aber noch nicht geschafft, eine positive und professionelle Einstellung auf sämtliche Mitarbeiter des Vereins zu übertragen. Der Präsident ist verantwortlich für die Aufarbeitung der Vorsaison und verpflichtet, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und Entscheidungen zu treffen. Das ist ihm nicht gelungen. Bernd Wahler hatte dem Sportdirektor Fredi Bobic ein zu hohes Maß an Vertrauen entgegengebracht. Die Trennung von ihm zu Saisonende hätte als erster konsequenter Aufarbeitungsschritt zwingend die Folge sein müssen. Sebastian Graf, Winterbach