Psychologie und Partnerschaft: Eva-Maria Manz (ema)

Die Briefe der Protagonistin werden umfangreicher, sie schreibt über ihre sexuellen Erfahrungen, lässt pointierte Kulturkritiken einfließen, stellt das Schaffen weiblicher Künstler der neunziger Jahre in den Vordergrund der theoretischen Passagen – und verleiht natürlich ihrem Begehren für Dick Ausdruck, der sich in Wahrheit überhaupt nicht für sie interessiert.

 

Das Setting ist die New Yorker Künstlerszene, die in den neunziger Jahren stark geprägt war vom Import der poststrukturalistischen Theorie aus Frankreich durch Sylvère Lothringers Verlag Semiotext(e), in dem auch „I Love Dick“ 1997 erstmals erschienen ist. Und natürlich ist der Roman poetologisch übersättigt mit poststrukturalistischen Methoden und Anspielungen.

Der Erzählstil, den die Protagonistin selbst als „neues Genre“ irgendwo zwischen Kulturkritik und Belletristik“ bezeichnet, fährt auf der radikal autobiografisch geprägten Erfolgsspur, die derzeit Autoren wie Karl Ove Knausgård, Thomas Melle oder Benjamin von Stuckrad-Barre dominieren. Und das Verwirrspiel um Autobiografie und Wirklichkeit (natürlich gibt es auch für Dick eine „Entsprechung“ im wahren Leben) ist Teil dieser postmodernen Methodik: Die Briefe seien „das Echteste, was ich je getan hatte“, schreibt die Protagonistin. Sie führt ihre Idee aus, eine Kunst zu schaffen, bei der „das Persönliche universalisiert“ und „zum Thema dieser Kunst“ werden soll. Und beschreibt damit genau das, was heute auch Lena Dunham und ihre Kolleginnen auf ihre jeweilige Art betreiben.

Die weibliche Subjektivität

Im Verlauf des Romans findet die schreibende Frau sich selbst, ihren Stil, ihren Platz in der Welt. Sie beginnt, reflektierter auf sich zu schauen („Wer ist Chris Kraus? Sie ist niemand, sie ist Sylvère Lothringers Frau!“), und es geht ihr darum, „endlich GEHÖRT ZU WERDEN“.

Kraus zeigt eine Frau, die „gespalten“ ist, nicht als ein schizophrenes Kuriosum, nicht als die Geistesgestörte, zu der die denkende, begehrende, scheiternde Frau in den vergangenen Jahrhunderten so oft gemacht wurde, sondern als etwas ganz Normales: „die weibliche Subjektivität“. Der befreiende Humor, der in all dem liegt, wurde in den neunziger Jahren in Kraus’ Buch oft nicht erkannt – und ist doch ebenso eines der Erfolgsgeheimnisse von heutigen Autorinnen, die sich in ihrer Kunst selbst betrachten. In Zeiten von Social Media und digitaler Kommunikation finden sich auch all diejenigen in diesem Roman wieder, die selbst ständig damit beschäftigt sind, ihr Leben zu dokumentieren, während es geschieht.

Die Briefe der Protagonistin werden umfangreicher, sie schreibt über ihre sexuellen Erfahrungen, lässt pointierte Kulturkritiken einfließen, stellt das Schaffen weiblicher Künstler der neunziger Jahre in den Vordergrund der theoretischen Passagen – und verleiht natürlich ihrem Begehren für Dick Ausdruck, der sich in Wahrheit überhaupt nicht für sie interessiert.

Das Setting ist die New Yorker Künstlerszene, die in den neunziger Jahren stark geprägt war vom Import der poststrukturalistischen Theorie aus Frankreich durch Sylvère Lothringers Verlag Semiotext(e), in dem auch „I Love Dick“ 1997 erstmals erschienen ist. Und natürlich ist der Roman poetologisch übersättigt mit poststrukturalistischen Methoden und Anspielungen.

Der Erzählstil, den die Protagonistin selbst als „neues Genre“ irgendwo zwischen Kulturkritik und Belletristik“ bezeichnet, fährt auf der radikal autobiografisch geprägten Erfolgsspur, die derzeit Autoren wie Karl Ove Knausgård, Thomas Melle oder Benjamin von Stuckrad-Barre dominieren. Und das Verwirrspiel um Autobiografie und Wirklichkeit (natürlich gibt es auch für Dick eine „Entsprechung“ im wahren Leben) ist Teil dieser postmodernen Methodik: Die Briefe seien „das Echteste, was ich je getan hatte“, schreibt die Protagonistin. Sie führt ihre Idee aus, eine Kunst zu schaffen, bei der „das Persönliche universalisiert“ und „zum Thema dieser Kunst“ werden soll. Und beschreibt damit genau das, was heute auch Lena Dunham und ihre Kolleginnen auf ihre jeweilige Art betreiben.

Die weibliche Subjektivität

Im Verlauf des Romans findet die schreibende Frau sich selbst, ihren Stil, ihren Platz in der Welt. Sie beginnt, reflektierter auf sich zu schauen („Wer ist Chris Kraus? Sie ist niemand, sie ist Sylvère Lothringers Frau!“), und es geht ihr darum, „endlich GEHÖRT ZU WERDEN“.

Kraus zeigt eine Frau, die „gespalten“ ist, nicht als ein schizophrenes Kuriosum, nicht als die Geistesgestörte, zu der die denkende, begehrende, scheiternde Frau in den vergangenen Jahrhunderten so oft gemacht wurde, sondern als etwas ganz Normales: „die weibliche Subjektivität“. Der befreiende Humor, der in all dem liegt, wurde in den neunziger Jahren in Kraus’ Buch oft nicht erkannt – und ist doch ebenso eines der Erfolgsgeheimnisse von heutigen Autorinnen, die sich in ihrer Kunst selbst betrachten. In Zeiten von Social Media und digitaler Kommunikation finden sich auch all diejenigen in diesem Roman wieder, die selbst ständig damit beschäftigt sind, ihr Leben zu dokumentieren, während es geschieht.

Wenn der Roman etwas sagt über Narzissmus, dann auf diese Weise, indem er ausstellt, was viele antreibt: die Suche nach sich selbst im anderen.