Das IBM-Bauprojekt in Vaihingen findet im Stuttgarter Gemeinderat ungeteilte Zustimmung, aber die Fraktionen haben noch viele Fragen. OB Fritz Kuhn dringt aber auf einen schnellen Beschluss, da der Insolvenzverwalter eine letzte Frist gesetzt hat.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Richtig ins Schwärmen sind am Dienstag einige Kommunalpolitiker im Ausschuss für Umwelt und Technik gekommen: Nach einem Besuch in den denkmalgeschützten IBM-Pavillons in Vaihingen sprach der Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold von „qualitativ hochwertigen Gebäuden“; und der CDU-Chef Alexander Kotz erlebte eine „höchst attraktive Bausubstanz“. Dass die Gebäude des Architekten Egon Eiermann aus den 1960er Jahren erhalten werden müssen, bezweifelt nun im Gemeinderat kaum noch jemand.

 

Dennoch gab es von CDU, Freien Wählern und FDP harte Kritik am Schnellverfahren, mit dem OB Fritz Kuhn (Grüne) nun den Grundsatzbeschluss zur Sanierung und Neubebauung des Areals durchpeitschen will. Schon am Donnerstag, nur neun Tage nach der ersten und zudem nichtöffentlichen Beratung, soll der Gemeinderat eine Entscheidung treffen. Der Beschluss müsse vertagt werden, sagte FDP-Stadtrat Günter Stübl – die Öffentlichkeit sei noch gar nicht richtig informiert, geschweige denn einbezogen worden: „Mit Transparenz hat das nichts zu tun.“ Auch der Bezirksbeirat in Vaihingen fühlt sich überfahren und hat das Projekt deshalb pauschal abgelehnt.

Fritz Kuhn warnt vor erheblichen Risiken für die Stadt

Alexander Kotz (CDU) sieht das ebenso: Man wolle ein Wohngebiet für 1500 Menschen „im Handstreich“ beschließen. Dabei seien noch viele Fragen zum Wald, zur Verkehrsanbindung und zum Einzelhandel offen, was auch die anderen Fraktionen so sehen. Kotz betonte, er habe wenig Verständnis dafür, dass Insolvenzverwalter und Gläubigerbank DG Hyp so großen Druck auf die Stadt ausübten und zudem die Öffentlichkeit draußen hielten. Die Stadt hatte die StZ zur Führung am Montag eingeladen; auf Druck des Insolvenzverwalters musste sie wieder ausgeladen werden.

Fritz Kuhn warnte aber, dass die Stadt ein „erhebliches Risiko“ eingehe, wenn der Beschluss verschoben werde. Schon ab dem 30. Juni habe der Insolvenzverwalter das Gelände aufgeben und nicht mehr unterhalten wollen – er habe diese Frist jetzt bis zum 30. September verlängert, erwarte aber bis dahin ein eindeutiges Signal, dass das vorgelegte Konzept im Gemeinderat mehrheitsfähig sei. Sonst drohe eine Hängepartie – das dann folgende Verfahren der Zwangsversteigerung könne Jahre dauern, und irgendwann sei die Stadt in der Pflicht, auf eigene Kosten die Sicherheit auf dem Areal zu gewährleisten. Er, Kuhn, wolle auf alle Fälle vermeiden, dass öffentliche Gelder eingesetzt werden müssten.

Der alte Eigentümer wollte sechs Millionen Euro investieren

Der frühere Eigentümer CB Richard Ellis hatte das Gelände 2007 für angeblich 83 Millionen Euro erworben; wie man hört, in der Hoffnung, dass sechs Millionen Euro für die Sanierung reichen würden – derzeit rechnet die Stadt aber mit 100 Millionen Euro. Viele Stadträte staunten darüber, dass das Areal gekauft und von der Gläubigerbank finanziert wurde, ohne dass anscheinend eine gründliche Analyse des Gebäudezustandes vorgenommen worden ist. Der Hauptgläubiger, die Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank AG (DG Hyp), sitzt in Hamburg. Sie ist spezialisiert auf das Kreditgeschäft für gewerbliche Immobilien und gehört zur Finanzgruppe der Volksbanken und Raiffeisenbanken. Im Jahr 2012 hat sie Immobilienkredite im Wert von 20,3 Milliarden Euro vergeben.

Roswitha Blind (SPD) brachte gestern schließlich die Kuh zumindest vorerst vom Eis. Sie schlug vor, dass der Ausschuss nicht wie geplant abstimme, sondern erst die Vollversammlung am Donnerstag. So könne am Konzept noch gefeilt und dessen Offenheit betont werden. Dem stimmten alle zu. Kuhn sagte, dass das eigentliche Änderungsverfahren für den Bebauungsplan erst noch anstehe: Es bleibe genügend Zeit, alle Details ausreichend zu diskutieren.