Die großen Fraktionen halten das Konzept, die Eiermann-Pavillons in Stuttgart-Vaihingen zu sanieren und dafür eine dichte Bebauung zuzulassen, für eine gute Diskussionsgrundlage. Kritik gibt es aber an der schlechten ÖPNV-Anbindung und an der Absicht, Wald abzuholzen.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Die großen Fraktionen im Gemeinderat haben die neuen Pläne für das Gelände der früheren IBM-Zentrale in Vaihingen grundsätzlich für gut befunden. Der Kompromiss aller Beteiligten sieht vor, die vier denkmalgeschützten Gebäude des Architekten Egon Eiermann zu erhalten; zur Refinanzierung soll das Areal dicht bebaut werden. In den alten und neuen, bis zu siebenstöckigen Gebäuden könnten 192 700 Quadratmeter an Büro-, Wohn- und Gewerbefläche entstehen.

 

OB Fritz Kuhn (Grüne) hatte seit Juli ein dreimal tagendes Kolloquium einberufen, das Wilhelm Bauer vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation geleitet hat. Kuhn sagte am Freitag, dass nun „für Stuttgart und die Region etwas wirklich Großes entstehen“ könnte.

Sein Ziel sei es gewesen, so Kuhn weiter, eine Lösung zu finden, die dem Denkmalschutz Rechnung trägt und die sich dennoch wirtschaftlich lohnt. Mit der dichten Bebauung soll also die teure Sanierung der Eiermann-Pavillons finanziert werden. Allerdings ist diese starke Besiedelung vielleicht auch notwendig, um den sehr hohen Kaufpreis des früheren und mittlerweile insolventen Eigentümers CB Richard Ellis in Höhe von 83 Millionen Euro auszugleichen. Denn die Gläubigerbanken, die diesen Kaufpreis über Kredite finanziert haben, sprechen bei allen Beschlüssen ein gewichtiges Wörtchen mit.

Peter Pätzold lobt den OB für dessen neuen Politikstil

Peter Pätzold, der Sprecher der Grünen-Fraktion im Gemeinderat, sieht das Konzept als einen „sehr guten Vorschlag“ an. Er lobte „seinen“ grünen OB gleich doppelt. Erstens sei das Konzept nicht wie früher im stillen Kämmerlein ausgemauschelt, sondern zusammen mit allen Beteiligten erarbeitet worden: „Das ist ein neuer Politikstil.“ Zweitens, so Pätzold, beweise Kuhn, dass er die lange liegen gebliebenen Problemthemen anpacke. Der Grünen-Stadtrat nannte aber zwei Kritikpunkte: Bei den geplanten Eingriffen in den Wald werde man ganz genau hinschauen; und es müsse auf jeden Fall die ÖPNV-Anbindung verbessert werden. Derzeit hält die Buslinie 84 dort werktags im halbstündigen Takt. Zum ZOB in Vaihingen sind es nur acht Minuten; umgekehrt fährt der Bus zum Vaihinger Unicampus über Sindelfingen und ist 45 Minuten unterwegs.

Alexander Kotz, der Chef der CDU-Ratsfraktion, kann sich einen Standort für Dienstleistungen und Wissenschaft, vergleichbar dem Step in Vaihingen, auf dem IBM-Gelände sehr gut vorstellen: „Das könnte attraktiv werden“, sagte Kotz. Er wünscht sich schnell ein Massenmodell, um die Dichte der Häuser besser beurteilen zu können. Kotz verwies darauf, dass ein CDU-Antrag Bewegung in die Sache gebracht habe. Und er tadelte den OB dafür, dass Vertreter des Gemeinderats nicht zu dem Kolloquium eingeladen waren: „Das ist nicht die Transparenz, die Kuhn versprochen hat.“ Letztendlich müsse ja der Gemeinderat den Bebauungsplan ändern.

Roswitha Blind sieht im Lärm kein grundlegendes Problem

Roswitha Blind, die Vorsitzende der SPD-Fraktion, hält die Pläne für eine „gute Diskussionsgrundlage“. Sie freut sich, dass die Eiermann-Pavillons erhalten werden könnten; und die massive Bebauung, über die sie zunächst etwas erschrocken sei, entstehe auf einer bereits versiegelten Fläche. Den Lärm der Autobahn hält Blind nicht für ein grundlegendes Problem: Die Gebäude könnten so errichtet werden, dass zur nahen Autobahn hin nur Funktionsräume wie Bad oder Toilette liegen. Da die Änderung des Baurechtes sich meistens hinziehe, bleibe Zeit, sich mit den Plänen intensiv auseinanderzusetzen, sagte Roswitha Blind.

Auch für Bernd Klingler (FDP) hört sich das Konzept vernünftig an. Für ihn ist wichtig, dass die Stadt weiter die Federführung besitzt. Daneben stellt er die Frage, wie groß der Bedarf an Büroflächen derzeit tatsächlich ist: „Anderswo gibt es gerade einen ordentlichen Leerstand“, so Bernd Klingler.