Zwölf neue Gebäude, aber kein Hochhaus: Die Stadt Stuttgart hat ihr Konzept beschlossen, das auf Sanierung der denkmalgeschützten Gebäude und auf neue Häuser auf dem Gelände der Ex-IBM-Zentrale in Stuttgart-Vaihingen setzt.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Der Gemeinderat hat mit großer Mehrheit jenes starke Signal ausgesandt, das der Insolvenzverwalter eingefordert hatte: Der Zielbeschluss sieht nun vor, dass die denkmalgeschützten Eiermann-Pavillons auf dem ehemaligen IBM-Areal erhalten werden. Um die Sanierungskosten zu erwirtschaften, können zwölf neue Gebäude auf den Parkplätzen errichtet werden. Das zusätzliche Hochhaus mit 15 Etagen sei nicht notwendig, um die Wirtschaftlichkeit herzustellen, so der Architekt Oliver Sorg.

 

Die CDU, FDP und Freien Wähler tragen den Zielbeschluss nun mit, nachdem sie am Dienstag noch Bedenken geäußert hatten, weil über ein Wohngebiet für 1500 Menschen und weitere 2500 Arbeitsplätze nicht im Handstreich entschieden werden könne. Nach einer Gesprächsrunde der Fraktionen mit OB Fritz Kuhn ist der Beschluss nun so offen formuliert, dass über alle strittigen Punkte wie das Abholzen des Waldes oder die Kosten einer Nahverkehrsanbindung noch ohne Vorfestlegung diskutiert werden könne. Lediglich mehrere Mitglieder der Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke stimmten gegen einzelne Punkte der Beschlussvorlage, die Vaihinger Grünen-Stadträtin Anna Deparnay-Grunenberg enthielt sich.

Fritz Kuhn hatte am Mittwoch persönlich dafür gesorgt, dass es für die Medien doch eine Führung in Vaihingen gibt, nachdem diese bei einer ersten Besichtigung für Gemeinderäte vom Insolvenzverwalter wieder ausgeladen worden waren. Es sei wichtig, dass die Stuttgarter das Gelände kennenlernten. Oliver Sorg, der das jetzt verabschiedete Grobkonzept erstellt hat, zeigte den Journalisten am Donnerstag die Pavillons und das Gelände. Ein Vertreter der Insolvenzverwaltung war nicht dabei; Fragen nach deren weiterem Vorgehen blieben deshalb unbeantwortet.

Sanierungsaufwand liegt bei 100 Millionen Euro

Der Rundgang zeigte zweierlei: die hohe Qualität der Architektur, aber auch den hohen Sanierungsbedarf. Bis ins kleinste Detail habe Egon Eiermann (der die Fertigstellung nicht mehr erlebte) die IBM-Zentrale geplant, sagte Oliver Sorg. Türgriffe, Garderobe oder Waschbecken seien von ihm selbst designt worden: „Diese Gebäude sind etwas ganz Besonderes, denn sie sind handwerklich und gestalterisch extrem hochwertig.“ Für Sorg ist die IBM-Zentrale ein „Gesamtkunstwerk“. Ein Stadtrat formulierte es nicht ganz so pathetisch, sondern eher plastisch: „International würde man uns köpfen, wenn wir die Pavillons abreißen würden.“

Vier große Probleme gibt es aber 40 Jahre nach der Fertigstellung. Die gesamte Technik muss komplett erneuert werden. Die Stahldecken sind grundsätzlich nicht vom Brandschutz genehmigungsfähig, so dass alle verändert werden müssen. Auch die Fenster und die vorgesetzten Metallbrüstungen verursachen hohe Kosten. Zuletzt ist unsicher, ob die Flachdächer noch dicht sind. Auf jeden Fall müssten sie neu gedämmt werden.

Früherer Eigentümer hat Sanierungsbedarf unterschätzt

Der frühere Eigentümer CB Richard Ellis hat die Dimension der Sanierung wohl völlig unterschätzt. „Es handelte sich um einen großen Immobilienfonds, in dem die IBM-Zentrale nur ein kleiner Teil war“, sagte Oliver Sorg: „Da wurde wohl vor dem Kauf nicht so genau hingeschaut.“ Trotzdem sehen heute viele Räume gar nicht so schlecht aus. Nun müssen der Insolvenzverwalter und die Gläubigerbank DG Hyp entscheiden, ob sie die Gebäude weiter unterhalten. Allen Mitarbeitern der Objektgesellschaft war eigentlich schon zum 30. Juni gekündigt worden.

Hinweis der Redaktion (26. September 2013, 21 Uhr): Die stuttgarter-zeitung.de hatte bereits um 17 Uhr gemeldet, dass der Gemeinderat den Zielbeschluss zum Eiermann-Campus beschlossen hat. Das war zu diesem Zeitpunkt noch nicht der Fall. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen.