ICE-Einheiten in Chicago Vorgehen der ICE-Spezialeinheiten wird immer brutaler
Die Befürchtung wächst , dass US-Präsident Donald Trump ICE zu einer besonders harten paramilitärischen Eingreiftruppe im Inland ausbauen will.
Die Befürchtung wächst , dass US-Präsident Donald Trump ICE zu einer besonders harten paramilitärischen Eingreiftruppe im Inland ausbauen will.
Die Demonstration gegen Polizeigewalt in Chicago eskalierte Ende der vergangenen Woche, als die bewaffneten ICE-Einheiten eingriffen – ohne jede Vorwarnung. Die „Washington Post“ dokumentierte den exzessiven Gebrauch von Tränengas- und Pfefferspray. Die Videos zeigen Einsatzkräfte, die wahllos auf Demonstrierende einschlagen. Ein Pfarrer wurde von einem Geschoss am Kopf getroffen, ein Pressefotograf verlor das Bewusstsein, als er von ICE-Leuten zu Boden gerissen wurde. Bürgermeister Brandon Johnson sprach von einem „völlig unverhältnismäßigen Gewalteinsatz“ und forderte eine unabhängige Untersuchung. Es sei nicht hinnehmbar, dass „ICE unsere eigenen Polizeibeamten mit Tränengas beschießt“, protestierte Johnson. Medizinische Fachverbände warnen insbesondere vor dem Einsatz solcher Mittel in Wohngebieten.
Tränengas ist laut Genfer Konvention verboten, weil es als Kriegswaffe eingestuft wird. In den USA ist es erlaubt, sofern eine unmittelbare Bedrohungslage besteht. Die habe es aber nicht gegeben, kritisierte Johnson. Tränengas kann schwere Atemnot, Hautverätzungen und Schockreaktionen auslösen – besonders bei Kindern, Asthmatikern und älteren Menschen. Der Verband der US-Augenärzte warnte vor ernsten Augenverletzungen. In Straßenschluchten wie in Chicagos Innenstadt sei das ausströmende Reizgas kaum kontrollierbar. „Es trifft ausnahmslos alle – Demonstrierende, Journalisten, Anwohner“, heißt es in einem Bericht des „Journal of Public Health“.
Hinzu kommt, dass die ICE-Einheiten für derartige Einsätze kaum ausgebildet sind. Der ehemalige Grenzschutz-Chef Gil Kerlikowske sagte dem „Guardian“: „Diese Einheiten sind für den Einsatz bei Demonstrationen schlicht nicht vorbereitet.“ Das Vorgehen der ICE-Kommandos diene nicht der Deeskalation, sondern sei eine Demonstration der Macht, sagen Kritiker. Die von ICE zur Schau gestellte „robuste Präsenz“ wirke in Konfliktsituationen eher wie ein Brandbeschleuniger, denn als Löschmittel. „Sie erzeugen genau das Chaos, das sie zu bekämpfen vorgeben“, sagte der Politikwissenschaftler Jason Stanley von der Yale University. Edward Maguire, Kriminologe an der Arizona State University, sieht die ICE-Maßnahmen „in deutlichem Widerspruch zu einem effektiven Protestmanagement“.
Doch der Präsident rüstet weiter auf. Während die Haushaltssperre zum längsten Shutdown in der Geschichte der USA wird und allerorten Personal gekürzt und Mittel gestrichen werden, hat Trump das Budget des Heimatministeriums um 1,3 Milliarden Dollar erhöht. Der ICE-Etat soll 2026 um 15 Prozent steigen, um Neueinstellungen zu ermöglichen. Laut Recherchen des Guardian will der Präsident bis zu 10 000 zusätzliche Stellen für ICE schaffen. Trump erklärte, damit solle „der innere Vollzug ausgeweitet und die Sicherheit in Amerikas Städten gewährleistet“ werden. Vor diesem Hintergrund warnen Kongressabgeordnete der Demokraten vor einer „Militarisierung der inneren Sicherheit“.
Im Gegensatz zu 700 000 Regierungsmitarbeitern, die im Government Shutdown auf ihr Gehalt verzichten müssen, werden die ICE-Einheiten weiterbezahlt. Das Magazin The „Atlantic“ schrieb, Trump wolle „die Spezialeinheiten verstärkt einsetzen, um lokale Polizeikräfte zu umgehen“ – eine Praxis, die „gefährlich an autoritäre Traditionen“ erinnere. Die Historikerin Ruth Ben-Ghiat von der New York University sagte dem Guardian: „Autoritäre Herrscher verlassen sich immer auf loyale Sicherheitskräfte, um gegen das eigene Volk vorzugehen“. Was Trump in den demokratisch geführten Bundesstaaten wie Kalifornien, Oregon oder Illinois aufführe, folge „dem Drehbuch autokratischer Staaten“. Chicago könnte zum Präzedenzfall werden.