Zum Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Trans-, Inter- und Acefeindlichkeit haben CSD, 100% Mensch und der Lesben- und Schwulenverband Baden-Württemberg einen Aktionstag veranstaltet – mit vielen Beiträgen aus Regenbogen-Community und Politik.

„#Stop Hating Us!“ – Weiß auf lila leuchten die Lettern auf dem großen Transparent vor dem Herzog-Christoph-Denkmal am Schlossplatz. Es ist das Motto des Aktionstags, den die Verantwortlichen des Christopher Street Day (CSD) Stuttgart mit dem Projekt 100% Mensch und dem Lesben- und Schwulenverband (LSVD) Baden-Württemberg dort veranstalten – zum Internationalen Tags gegen Homo-, Bi-, Trans-, Inter- und Acefeindlichkeit.

 

Der IDAHOBITA fand erstmals am 17. Mai 1990 statt. Damals strich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität als psychische Krankheit aus dem Diagnoseschlüssel. Seit dem wird jährlich an diesem Tag auf Diskriminierungen und Grausamkeiten aufmerksam gemacht, die queere Menschen erleben.

„Unsere Stärke ist die Vielfalt, die wir wertschätzen.“

Auf der Stuttgarter Kundgebung sprachen darüber viele Vertretende aus der Community, Kommunal- und Landespolitik. Bettina Schreck von 100% Mensch erinnerte an Thüringen, wo Rechtsextreme über Regenbogenflaggen trampelten – und an brennende Fahnen in Stuttgart. Sie forderte Gleichstellung und Gleichberechtigung: „Unsere Stärke ist die Vielfalt, die wir wertschätzen.“

Grünen-Landtagsabgeordneter Oliver Hildenbrand zitierte aus der Polizeistatistik: 2021 wurden über 1000 hassmotivierte Straftaten gegen queere Menschen registriert, ein Anstieg von 50 Prozent. „Die Spitze des Eisbergs!“ Im Land werde der Aktionsplan „Akzeptanz & gleiche Rechte in Baden-Württemberg“ fortgeschrieben, so Hildenbrand, ausgestattet mit 600.000 Euro pro Jahr. „Den höchsten Betrag seit Bestehen!“

Forderung, Artikel drei des Grundgesetzes zu ergänzen

In Deutschland müsse endlich Artikel drei des Grundgesetzes ergänzt werden, forderte CSD-Vorstand Detlef Raasch. „Vielfalt sexueller Orientierung und Geschlecht muss garantiert werden. Da sind wir schon so lange dran. Kriegen wird das dieses Jahr hin?“

SPD-Landtagsabgeordneter Florian Wahl nickte. „Ja!“ Die Ampel-Regierung im Bund werde mit einem Gesetz Rassismus und Diskriminierung auf allen Ebenen bekämpfen. „Aber das Problem liegt tiefer“, meinte er. Selbst er habe als gut gestellter Politiker gebraucht, um sich als queer zu outen. „Wie geht es dann anderen? Wir brauchen eine angstfreie Gesellschaft.“

FDP-Stadträtin Sibel Yüksel, von Beruf Familienanwältin, monierte, dass in einigen Ländern wieder Machos regierten und toxische Männlichkeit zelebriert werde. In ihrer Praxis habe sie viel erlebt – von der schwäbischen Mutter, die ihrem schwulen Sohn mit Selbstmord drohte bis zum türkischen Vater, der seinen Sohn zwangsverheiratete im Glauben, das kuriere Homosexualität. „Aus Frust wurde der junge Mann gewalttätig; wie viele Schicksale wären anders verlaufen, wenn die Menschen lieben könnten, wen sie wollen.“

Queere Menschen in anderen Ländern unterstützen

Daher gelte es, queere Menschen auch in anderen Ländern zu unterstützen, nahm Linken-Stadträtin und Community-Aktivistin Laura Halding-Hoppenheit den Faden auf. Sie erinnerte an den Equality March in der Stuttgarter Partnerstadt Łódź, zu der eine Stuttgarter Delegation fuhr. „Nun geht es weiter nach Bukarest!“

In 69 Ländern ist Homosexualität noch strafbar, in elf Ländern droht dafür die Todesstrafe. Ein junger Geflüchteter berichtete aus seiner Heimat Iran: Dort wurden im Februar zwei schwule Männer erhängt. Ralf Bogen, der für sein Engagement für Menschenrechte das Bundesverdienstkreuz erhielt, hatte ihn spontan ans Mikro geholt. Beide verwiesen auf den 16. September: Da veranstaltet der schwul-lesbische Sportverein Abseitz einen Lebenslauf, dessen Erlös an Just Human fließen soll. Der Verein engagiert sich für geflüchtete LSBTTIQ-Menschen. „Also fleißig anmelden“, so Bogen.

Dass queere Geflüchtete besonders geschützt werden müssten, betonte auch Siegfried Lorek, Staatssekretär im Ministerium der Justiz und für Migration. „Wir sind stärker als der Hass. Was gibt es Schöneres, als wenn Menschen sich lieben, gleich welches Geschlechts.“