Die Stadt Ludwigsburg prüft eine Verpackungssteuer nach dem Vorbild Tübingens und greift zu einem außergewöhnlichen Mittel: Unternehmer und Verbandsvorsitzende dürfen nächste Woche die Stadträte mit ihren Argumenten überzeugen.

Ludwigsburg : Emanuel Hege (ehe)

Tübingen hat sie schon seit Jahren, Konstanz seit Januar – und bald zieht mit Köln die erste Millionenstadt nach. Die Verpackungssteuer ist vielerorts ein heiß diskutiertes Thema: sowohl aus Nachhaltigkeitsgründen als auch wegen der dringend benötigten Einnahmen für die Kommunen. Nun geht auch die Stadtverwaltung Ludwigsburg erste Schritte in diese Richtung, verfolgt dabei jedoch einen besonders bedachten Ansatz. Sechs bekannte Persönlichkeiten wurden eingeladen, ihre Meinung dazu abzugeben.

 

Am kommenden Dienstag wird zu Beginn der Sitzung des Wirtschaftsausschusses im Gemeinderat ein sogenanntes Hearing stattfinden – also eine Anhörung. Eine Idee, die es in der Ludwigsburger Stadtpolitik in dieser Form wohl noch nie gegeben hat. „Wir wollen in aller Ruhe Interessenvertretungen anhören“, sagt Oberbürgermeister Matthias Knecht über das Hearing. Die unterschiedlichen Perspektiven seien wichtig für Verwaltung und Stadträte, „bevor wir uns auf einen Weg machen“.

Positionen noch ungewiss

Zu den Rednerinnen und Rednern gehören Marcos Angas (Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes), Markus Fischer (Citymanager des Innenstadtvereins Luis), Frank Handel (Vorsitzender des Nabu Ludwigsburg), Adelheid Kainz (BUND Ortsgruppe Ludwigsburg), Armin Haas (Inhaber des Fachgeschäfts Käse Haas) und Florian Lutz (Inhaber der Bäckerei Lutz). Jeder von ihnen hat am Dienstag zwischen fünf und zehn Minuten Zeit, seine Sicht auf die Verpackungssteuer darzulegen.

Laut Stadtverwaltung wurden die Redner nicht gezielt nach ihrer positiven oder negativen Haltung zum Thema ausgewählt. Während die Positionen von BUND, Nabu und dem Gaststättenverband weitgehend bekannt sind, bleibt offen, wie die anderen Teilnehmer die Abgabe bewerten werden.

Marcos Angas vom Hotel- und Gaststättenverband wird sich gegen die Steuer aussprechen. Foto: Dehoga Kreisstelle Ludwigsburg

Die Grünen im Gemeinderat fordern die Verpackungssteuer bereits seit drei Jahren und begrüßen das Hearing als Schritt in die richtige Richtung. „Das ist echt außergewöhnlich, aber auch zielführend“, sagt Grünen-Stadtrat Florian Sorg.

Entscheidung vor Sommerferien

Zum einen würden damit viele Sichtweisen zusammengetragen werden, zum anderen nehme man direkt die Betroffenen einer möglichen Steuer mit ins Boot. „Wir Grünen haben von Anfang an betont, dass Gastrobetreiber und andere Innenstadtakteure frühzeitig einbezogen werden müssen – später müssen wir ihnen dann bei der Umsetzung helfen.“

Nach dem Hearing wird der Wirtschaftsausschuss über die Verpackungssteuer diskutieren. Eine Entscheidung fällt jedoch noch nicht: Die Stadtverwaltung plant, sich bis zum Sommer Zeit zu nehmen. Erst dann soll der Gemeinderat entscheiden, ob Ludwigsburg die Steuer einführt.

Wie funktioniert die Verpackungssteuer?

Kosten für Verbraucher
Das geplante Steuerkonzept in Ludwigsburg könnte sich an Tübingen orientieren. Dort zahlen Gastronomen eine Abgabe von 20 bis 50 Cent pro ausgegebener Einwegverpackung – etwa für Becher, Styroporboxen oder Plastikbesteck. Die Gastronomen geben diese Abgabe an ihre Kunden weiter, die durch den Aufpreis angeregt werden sollen, auf Mehrwegbehälter zu wechseln.

Aufwand für Gastronomen und Stadt
Die betroffenen Gewerbetreibenden in Tübingen mussten beispielsweise ihre Kassensysteme anpassen, Spülmaschinen heranschaffen, neue Nachweisformulare ausfüllen und Mehrwegoptionen anbieten – viele mussten dabei bei Null anfangen. Ob ein oder mehrere Mehrwegsysteme genutzt werden und welche Anforderungen diese erfüllen müssen, war eine weitere Aufgabe der Tübinger Stadtverwaltung und der Betroffenen.