Nur jeder dritte Beschäftigte beteiligt sich am Ideen­management. Häufig mangelt es an einer wertschätzenden Unternehmenskultur.

Drei Mitarbeiter der BASF haben auch bei großer Hitze einen kühlen Kopf bewahrt - und dafür 170 000 Euro von ihrem Arbeitgeber bekommen. Das war 2012 die höchste Summe, die ein Unternehmen an seine Mitarbeiter für eine gute Idee ausgeschüttet hat. August Sadowski, Udo Storck und Willi Haag arbeiten in einem Betrieb, in dem Lösemittel hergestellt werden. Die Kühl- und Kondensationsleistung der Anlage hat im Sommer oft nicht ausgereicht. Deshalb konnte nicht so viel produziert werden, wie hätte verkauft werden können.

 

Aufgrund des Vorschlags der drei wurden die Luftkühler so umgebaut, dass die Produktionskapazität der Anlage auch bei hohen Außentemperaturen in vollem Umfang ausgenutzt werden konnte. Das brachte der BASF 2,5 Millionen Euro Umsatz mehr - und dem Trio die Rekordsumme ein. 'Durch das Ideenmanagement steigern wir unsere Wettbewerbsfähigkeit und optimieren Abläufe', teilt die BASF auf Anfrage mit. Andererseits profitiere das Unternehmen von den Ideen seiner Mitarbeiter. So entsteht eine Win-win-Situation.

Jeder vierte Beschäftigte beteiligte sich am Ideenmanagement

Insgesamt sind im vergangenen Jahr bei der BASF von rund 12 000 Mitarbeitern gut 19 000 Ideen eingereicht worden. Jeder vierte Beschäftigte beteiligte sich am Ideenmanagement. Das brachte dem Konzern Einsparungen in Höhe von 33,2 Millionen Euro, davon wurden etwa zehn Prozent als Prämie an die Mitarbeiter mit den guten Ideen ausgeschüttet. Ideenmanagement findet überall in Deutschlands Unternehmen statt. Mit stark steigender Teilnehmerzahl. 2012 wurden gegenüber dem Vorjahr doppelt so viele Vorschläge eingereicht: pro 100 Mitarbeiter 164 Vorschläge.

Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Studie des Deutschen Instituts für Betriebswirtschaft in Frankfurt am Main, an der 145 Unternehmen mit rund 1,6 Millionen Beschäftigen teilnahmen. 1,15 Milliarden Euro an Nutzen brachten die guten Ideen den Firmen. Jeder dritte Mitarbeiter beteiligte sich am Ideenmanagement, die durchschnittlich gezahlte Prämie für jeden prämierten Vorschlag betrug 74 Euro. Dr. Christoph Gutknecht leitet das Ideen- und Innovationsmanagement am Deutschen Institut für Betriebswirtschaft: 'Die Grundlagen für das heutige Ideenmanagement legte Alfred Krupp bereits 1872.' Führungskräfte sollten das Ideenpotenzial der Mitarbeiter einfordern und nutzen. Das war der Anfang des betrieblichen Vorschlagswesens.

In den 1980er Jahren erlebte es durch den Zwang kostengünstiger Produktion eine Belebung: Kontinuierlicher Verbesserungsprozess, Lean Management und Total Quality waren damals Trends. Mit deren Einführung wurde aus dem bürokratischen Akt des betrieblichen Vorschlagswesens das Ideenmanagement. Die Vorgesetzten sollten ihre Mitarbeiter motivieren, über den eigenen Zuständigkeitsbereich hinauszudenken. 'Psychologisch ein sehr gutes Führungsinstrument, um systematisch Ideen zu generieren', sagt Gutknecht. Jedes Unternehmen ist daran interessiert, sich permanent zu verbessern.

Menschen werden durch Anerkennung motiviert

'Selbsthilfe und Eigeninitiative sind dabei die besten Möglichkeiten, weil sie von Mitarbeitern kommen und im Unternehmen daher einen breiten Konsens finden', sagt Gutknecht. Externe Berater würden viel Staub aufwirbeln, wodurch Barrieren und Ablehnung entstehen. Dass sich Mitarbeiter am Ideenmanagement beteiligen, begründen Arbeitspsychologen damit, dass Menschen durch Anerkennung motiviert werden. Sie bekommen Lob von oben und eine nutzenorientierte Prämie. Bei der Art der Vorschläge finden nach Angaben von Gutknecht zurzeit ein Wandel und eine Ausweitung auf andere Branchen statt: bislang waren die meisten Vorschläge technischer Natur und das Ideenmanagement überwiegend auch in technischen Unternehmen installiert.

Jetzt breitet es sich aus, und mit neuen Zielgruppen wie Banken, Handel, Krankenhäusern und Verwaltungen reifen neue Ideen, etwa für einen schlanken Workflow. Das Ideenmanagement ist ein Instrument, das nicht nur Konzerne wie die BASF nutzen, um aus eigener Kraft einen Mehrwert zu erzielen. Christiane Kersting, Geschäftsführerin im Deutschen Institut für Ideen- und Innovationsmanagement, schätzt dessen Verbreitung im Mittelstand auf rund 70 Prozent und auf 20 Prozent in kleinen Betrieben.

Auch dieses Institut hat eine Studie zum aktuellen Stand des Ideenmanagements erstellt und herausgefunden, dass sich die deutschen Unternehmen einen Ausfall von vielen Milliarden Euro leisten, 'weil sie das Ideenpotenzial ihrer Mitarbeiter nicht oder nicht genug ausschöpfen'. Zwar sei das Ideenmanagement weit verbreitet, doch oft nicht systematisch installiert. 'Es wird von vielen Managern nicht als tagtägliche Führungsaufgabe verstanden.' Zudem: Eine wertschätzende Unternehmenskultur - das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn das Unternehmen auf die Ideen seiner Mitarbeiter eingeht - sei in den meisten Unternehmen eher in den Hochglanzbroschüren zu finden als in der gelebten Praxis.