Der Schauspieler Idris Elba ist stolz, dass er in dem jetzt angelaufenen Mandela-Film den Freiheitshelden verkörpern darf. Bekannt wurde er im Fernsehen als Dealer Russell Stringer Bell („The Wire“) und in der Titelrolle von „Luther“.

Hollywood - Nicht jeder Student, der nach der Vorlesung zum Pult des Professors eilt, ist ein Streber, der nur die erstbeste Gelegenheit nutzen will, um sich ein bisschen einzuschleimen. Dieser hier interessiert sich eher am Rande für gute Noten, seine Frage hat einen praktischen Hintergrund. Was denn aus betriebswirtschaftlicher Sicht die beste Strategie sei, wenn das eigene Produkte an Qualität verliere, der Konkurrenzkampf zugleich aber immer härter werde, will Russell Bell, so heißt der Student, wissen.

 

Der Ökonomieprofessor rät zu einem Vorgehen, das Verbraucherschützern nicht gerade gefallen dürfte: das Produkt einfach umbenennen, neu verpacken und den Kunden so vorgaukeln, man habe etwas Brandneues im Sortiment. Und schon sehen wir in der nächsten Szene – sie stammt aus der US-Fernsehserie „The Wire“ – die kleinen Straßendealer, Russell Bells Angestellte, ihr schlechtes Rauschgift plötzlich unter einem anderen, noch bessere Kicks verheißenden Namen anpreisen.

Die Rolle in „The Wire“ brachte den Durchbruch

Gespielt wird der Drogenbaron mit der randlosen Brille von Idris Elba, der seit Donnerstag auch in Stuttgart in dem epischen Kinofilm „Mandela“ als Titelfigur zu sehen ist. Dass er mittlerweile in so großen Produktionen Hauptrollen spielt, verdankt der Brite, dessen Vater aus Sierra Leone und dessen Mutter aus Ghana stammen, vor allem „The Wire“. Die Anfang des Jahrtausends vom amerikanischen Fernsehsender HBO unter der Federführung des ehemaligen Polizeireporters David Simon produzierte Serie markierte Elbas Durchbruch als Darsteller.

Dieser Russell „Stringer“ Bell hat trotz seiner Herkunft aus einem verwahrlosten Viertel in West Baltimore studiert und Adam Smiths „Der Wohlstand der Nationen“ in seiner Privatbibliothek stehen. Der unkonventionelle Gangster war schon zur Fernsehikone worden, ehe der Hype um die Serie so richtig in Gang kam. Als seine Figur den Serientod gestorben war, belagerten verärgerte Fans Elbas Wohnung in New Jersey, erinnert sich der 41-Jährige: „Sie standen unter meinem Fenster und riefen: Machst du Witze? Warum hast du uns das nicht erzählt, String?“

Er hat auch selber ein bisschen gedealt

Für Elba war die Rolle jedenfalls ein Glücksfall. In den Monaten vor seinem Engagement als smarter Verbrecher war der Schauspieler praktisch obdachlos. Die Texte für das Vorsprechen bei HBO lernte er in einem Lieferwagen, in dem er auch übernachtete; sein Geld verdiente er in New York als DJ – und als Kleindealer. „Ich weiß, das klingt abgedroschen, aber es ist die Wahrheit“, beteuert er. Wohnungslos war er kurz zuvor geworden, als er und seine schwangere Frau sich getrennt hatten.

Ursprünglich stammt Elba nicht aus den Vereinigten Staaten, sondern aus Großbritannien. Als Einzelkind in Hackney, einem Stadtteil von London, aufgewachsen, begann Elba in der Schule damit, Theater zu spielen. Als Student arbeitete in einer Ford-Fabrik, wo er Autoteile zusammenschraubte. Dort fasste er auch irgendwann während einer Nachtschicht den Entschluss, dass er diesen Job nicht wie sein Vater noch dreißig Jahre machen würde. Er kaufte sich am nächsten Tag ein Flugticket nach New York.

Als nordischer Gott in einem Actionstreifen

In der Ostküstenmetropole tat er sich allerdings lange schwer, als Schauspieler Fuß zu fassen. Erst als er sich als Russell „Stringer“ Bell einen Namen gemacht hatte, lief es besser. Beispielsweise durfte er an der Seite von Nicolas Cage in „Ghost Rider: Spirit of Vengeance“ spielen. In der Comicverfilmung „Thor“ war er als nordischer Gott Heimdall zu sehen. Trotzdem musste er auf die großen Rollen noch ein wenig warten.

Der nächste Karrieresprung kam für Elba wieder durch eine Fernsehserie, dieses Mal aber einer, die in seiner Heimat produziert wurde. In „Luther“ spielt er die Hauptrolle, einen britischen Kommissar, der immer wieder seine Genialität aufblitzen lässt, wenn es um die Aufklärung von Mordfällen geht. Zugleich ist das aber ein Charakter, der eher ein angespanntes Nervenkostüm aufweist. Für „Luther“ gewann Elba im Jahr 2012 als bester Darsteller in einer Serie einen Golden Globe.

Seitdem ist er auch bei teuren Hollywood-Produktionen gefragt. So war er zuletzt in den Science-Fiction-Blockbustern „Prometheus“ und „Pacific Rim“ und auch in der Fortsetzung von „Thor“ zu sehen; seit Ende vergangenen Jahres dreht er außerdem an der Seite von Sean Penn und Javier Bardem „The Gunman“. Am meisten Aufmerksamkeit wird ihm aber derzeit zweifellos durch seinen Part als Nelson Mandela zuteil.

Schauspielerische Glanzleistung

Für seine Darstellung des südafrikanischen Freiheitshelden wurde Elba sogar zwischenzeitlich als Oscar-Kandidat gehandelt. Die eher negativen Kritiken, die der Film insgesamt bekommen hat, machten diesen Spekulationen aber ein Ende. Trotzdem sind sich die meisten Rezensenten einig, dass Elba als Mandela eine schauspielerische Glanzleistung abgeliefert hat.

Dabei war Elba zunächst skeptisch, als ihm die Rolle angeboten wurde. „Ich fragte mich: Warum ausgerechnet ich? Ich sehe nicht aus wie Nelson Mandela und bin viel dunkler als er.“ Tatsächlich soll auch der im Dezember gestorbene frühere Präsident Südafrikas erstaunt gewesen sein, als man ihm den fertigen Film zeigte, und er feststellen musste, dass ein regelrechter Hüne ihn spielt. Elba sagt, dass es „eine unschätzbare Ehre“ für ihn gewesen sei, Mandela mimen zu dürfen; schon sein Vater, ein engagierter Gewerkschafter, hätte den Freiheitskämpfer sehr bewundert.

Lieblingsserie von Präsident Obama

Das politische Bewusstsein hat Elba übrigens von seinem Vater geerbt. Als die Entscheidung des „Thor“-Regisseurs Kenneth Branagh, die Rolle einer nordischen Gottheit mit einem Schwarzen zu besetzen, Irritationen auslöste, meinte Elba in einem Interview: „Stellen Sie sich einen großen Hollywoodfilm vor, der komplett mit schwarzen Schauspielern besetzt ist – glauben Sie, dieser Streifen wäre erfolgreich? Wenn in einem Film aber ausschließlich weiße Darsteller mitspielen, stellt sich diese Frage erst gar nicht. Genau das ist es, was wir ändern müssen.“ Schwarz und weiß sind eben noch immer nicht gleich, auch wenn in den USA ein schwarzer Präsident regiert. Der ist übrigens auch Fan von Idris Elba – „The Wire“ soll Barack Obamas absolute Lieblingsserie sein.