Starke Musik, schwache Besucherzahlen und viele Krankheitsfälle: Die IG Kultur Sindelfingen zieht eine gemischte Bilanz nach drei Tagen Bluesfestival.

Wer den „Blues“ hat, den plagt dem englischen Sprachgebrauch nach eine tiefe Schwermut. Dieses Gefühl hätte zuletzt auch leicht die Mitglieder der IG Kultur übermannen können. Schließlich stand das Bluesfestival, das der Sindelfinger Verein am Wochenende erstmals im Pavillon auf die Beine stellte, unter keinem allzu guten Stern. Eine lange Liste von Krankheitsausfällen überschattete die dreitägige Konzertreihe. Umso bemerkenswerter, dass die Organisatoren sich nicht aus dem Takt bringen ließen und ihr Event tapfer durchzogen.

 

Selbstverständlich ist das nicht, wie ein Blick auf die zahlreichen Ausfälle deutlich macht. Die Misere begann schon mit dem Auftaktabend am Freitag. Der Auftritt der als Vorgruppe geplanten Blues-Session-Band mit regionalen Musikern musste wegen der Erkrankung zweier Mitglieder kurzfristig abgesagt werden. Einer der Patienten war Pit Bäuerle, der zusammen mit dem stellvertretenden IG-Kultur-Vorsitzenden Hilmar Kallweit einer der Initiatoren und Hauptorganisatoren des Festivals ist.

Corona und andere Krankheitsfälle

Bäuerle hatte sich mit dem Corona-Virus infiziert und war erst am Samstag wieder negativ getestet worden. Mit seiner Erkrankung war er nicht alleine. Auch unter den Helfern im Verein grassierte das Virus. „Wir mussten viel improvisieren und herumtelefonieren“, erzählt Bäuerle.

Neben den IG-Kultur-Mitgliedern gesellten sich auch einige Musikgäste zur Krankenliste: So fiel beim Konzert des australischen Gitarristen Rob Tognoni am Samstag der Drummer wegen einer Corona-Erkrankung aus. Die Band fand einen Ersatz.

IG Kultur organisiert Musiker-Fahrdienst

Und dann meldet sich auch noch der für Sonntag gebuchte Boogie-Pianist Robert Kaiser krank. Ihn habe zwar nur eine ganz normale Erkältung erwischt, für einen Auftritt im Pavillon wäre er aber nicht fit gewesen. Freundlicherweise sorgte Kaiser selbst für Ersatz und brachte den Kollegen Thilo Fitzer nach Sindelfingen. Genauer gesagt machten das die Mitarbeiter der IG Kultur.

Die waren am Sonntag ohnehin schon als Musiker-Fahrdienst im Einsatz. Weil der Gitarrist Ignatz Netzer sich ein paar Tage vor seinem Gastspiel in Sindelfingen den Fuß gebrochen hatte, holte Hilmar Kallweit ihn an seinem Wohnort in der Nähe von Heilbronn ab und fuhr ihn zum Pavillon.

Netzer und der Humpelfuß-Blues

Manchmal hilft eben nur Humor: „Der Ignaz spielt guten Blues auch mit schlechtem Fuß“, witzelte Pit Bäuerle von der IG Kultur, als Ignatz Netzer am Sonntagabend im Pavillon ankam. Den launigen Spruch von Pit Bäuerle griff er auf der Bühne auf und kündigte an, ihn vielleicht mal ein Bluestext auf Schwäbisch darüber zu schreiben – sozusagen einen „Humpelfuß-Blues“.

Seine Blessur hielt Netzer aber nicht vom Gitarrespielen und Singen ab. Bei seinem Auftritt machte er sehr deutlich, warum er im Jahr 2014 mit dem „German Blues Award“ ausgezeichnet wurde. „Das war einfach saugut“, schwärmt Pit Bäuerle auch am Tag nach dem Konzert noch davon, welche Blues-Magie Ignatz Netzer auf der Bühne entfaltet hat. Klassiker wie der „Stack O’Lee Blues“ oder Bob Dylans „Corrina, Corrina“ zählten zu den Höhepunkten dieses Auftritts.

Hoffnung auf Fortsetzung des Bluesfestivals

Zuvor hatte sich auch Thilo Fitzer als würdiger Ersatz für Robert Kaiser erwiesen. Sein Boogie-Klavierspiel kam beim Publikum bestens an. Am Ende des Abends spielten die beiden noch einige Stücke gemeinsam auf der Bühne.

„Wir empfinden das Festival insgesamt als Erfolg“, zieht Pit Bäuerle Bilanz nach dem Festival. Allerdings hätte die IG Kultur sich deutlich mehr Publikum gewünscht. Am Sonntagabend hatten sich nur rund 20 Gäste im Pavillon eingefunden. Immerhin: diejenigen, die da waren, sendeten ein „positives Besucherecho“, so Bäuerle.