Der neue Bezirkschef der IG Metall, Roman Zitzelsberger, setzt die nächsten tarifpolitischen Schwerpunkte: der Übergang in die Rente steht dabei ganz oben auf seiner Agenda.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie ist noch ein Jahr hin. Dennoch will die IG Metall bereits die Themen in Angriff nehmen, die in qualitative Forderungen neben dem Lohn münden könnten. Als ein zentraler Punkt kristallisiert sich die Altersteilzeit heraus. „Beschäftigte, die überdurchschnittlichem Leistungsdruck ausgesetzt sind, haben besonders häufig Sorge, nicht bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters durchzuhalten“, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger. „Deshalb wird sich die IG Metall um neue Formen des Ausgleitens in den Ruhestand kümmern.“ Der im Südwesten vereinbarte Tarifvertrag zum flexiblen Übergang in die Rente läuft 2016 aus.

 

Parallel will sich die Gewerkschaft dafür einsetzen, dass Union und SPD die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren wie im Koalitionsvertrag vereinbart umsetzen. Zitzelsberger zeigt sich verwundert über die mangelnde Sachlichkeit in dieser „absurden Debatte“. Die Kritiker erweckten den Eindruck, als ob die Betroffenen die Rentenkasse zu Gunsten der Jugend plünderten, statt ihre Lebensleistung anzuerkennen. „Die meisten werden mehr in die Rentenkasse eingezahlt haben, als sie herausbekommen“, argumentierte er.

Werkverträge wohl kein Tarifthema mehr

Als weiteres Tarifthema sieht die IG Metall die Weiterbildung. Es müsse überprüft werden, inwieweit der Qualifizierungstarifvertrag von 2001 umgesetzt worden sei und wo Nachholbedarf bestehe. Ein anderer Schwerpunkt könnte die Flexibilisierung der Arbeitszeit zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sein – ein Thema, auf das vor allem der Arbeitgeberverband großen Wert legt. Um generelle Arbeitszeitverkürzung solle es dabei aber nicht gehen, sagt auch Zitzelsberger.

Offen ist, welche Rolle die Werkverträge spielen werden. Der Bezirkschef hält es für „schwierig“, diese auf tarifpolitischer Ebene zu regeln. Man werde eher auf betriebliche Regelungen hinwirken. Einseitige Zusagen der Unternehmen – wie von Daimler – „reichen uns aber nicht aus“, betonte er. Dem Vorsitzenden Detlef Wetzel zufolge geht die Gewerkschaft von einer Million Werkvertragsverhältnissen in der Metallindustrie aus – wie viele davon auf den Südwesten entfallen, ist unklar.

Während IG Metall und Gesamtmetall nun ihrerseits auf Bundesebene mögliche Tarifthemen erarbeiten wollen, sollen im Südwesten bald auf einer Konferenz in Pforzheim konkretere Vorgaben diskutiert werden. Die Lohnforderung wird ohnehin erst im November festgezurrt.

Die Mitgliederbilanz des Bezirks fällt genauso erfolgreich aus wie die von Wetzel am Dienstag. Demnach hat die IG Metall in Baden-Württemberg 422 615 Mitglieder – 2848 mehr als vor einem Jahr und mehr als im Krisenjahr 2009. Die Zahl der Neuaufnahmen lag mit 24 691 zum vierten Mal in Folge über den Abgängen. Besonders viel, nämlich 6,3 Prozent, gewann die Gewerkschaft bei den Menschen unter 27 Jahren.