Am Dienstagabend hat Igor Levit im Stuttgarter Beethovensaal Dmitri Schostakowitschs Präludien und Fugen gespielt: eine monumentale, bereichernde Zumutung.
Man muss verrückt sein, um diese Musik zu spielen. Oder ein bedingungslos Liebender – was so ziemlich auf dasselbe und zudem auf einen Pianisten hinausläuft, bei dem beides zusammenkommt. Die gut zweieinhalb Stunden, mit denen sich Dmitri Schostakowitsch 1950/51 in seinen 24 Präludien und Fugen op. 87 an Bachs „Wohltemperierten Klavier“ wie an seiner künstlerischen Situation im stalinistischen Russland abarbeitete, sind eine monumentale Überforderung, die maßgeschneidert ist für Igor Levit, den fingerflinken Musiker der großen Formate, den Mann, der, wie der Igel in Grimms Märchen, lächelnd überall dort schon wartet, wohin die anderen Pianistenhasen noch unterwegs sind, sodass man sich manchmal ernsthaft fragt, ob nicht doch womöglich zwei oder gar noch mehr Tastenvirtuosen unter seinem Namen aktiv sind.