IHK-Chef Wahl zum neuen IHK-Geschäftsführer platzt

Nach dem Auszug der Kakteen ist die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart beschlussunfähig. Ein neuer Termin soll rasch festgelegt werden. Präsidentin Marjoke Breuning will den Kammerkritikern weiter die Hand reichen.
Stuttgart - Die Wahl zum neuen Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Stuttgart ist überraschend geplatzt. Nachdem die kammerkritische Kakteengruppe die Sitzung verlasen hatte, war die Vollversammlung nicht mehr beschlussfähig. Die Kammerkritiker hatten die Sitzung verlassen, da ein Antrag von ihnen mehrheitlich abgelehnt wurde. In diesem hatten sie gefordert, auf früheren Sitzungen nicht behandelte Tagesordnungspunkte vorzuziehen. Erst danach sollte dann der neue Hauptgeschäftsführer gewählt werden. Das Präsidium der IHK will für die Wahl des Hauptgeschäftsführers nun möglich rasch eine Sondersitzung einberufen. Der bisher einzige Kandidat, Johannes Schmalzl, stehe weiter als Kandidat für das Spitzenamt bereit, sagte IHK-Präsidentin Marjoke Breuning unserer Zeitung.
Auch die Kakteen verlangen eine Sondersitzung. Sie bestehen allerdings darauf, dass dabei zunächst Tagesordnungspunkte behandelt werden, die in den bisherigen Sitzungen vertagt worden waren. Erst dann soll ihrer Ansicht nach der neue Hauptgeschäftsführer gewählt werden. Schon im Vorfeld der geplatzten Wahl hatten die Kammerkritiker gefordert, diese zu verschieben. In der Vollversammlung sitzen 100 Mitglieder, beschlussfähig ist sie, wenn wenigstens 51 anwesend sind. Die Kakteen waren mit 30 ihrer 32 Vollversammlungsmitglieder vertreten. Da aber aus anderen Unternehmen zu wenige Vertreter zu dem IHK-Treffen kamen, wurde das nötige Quorum nicht erreicht. Breuning führte dies auch auf die Osterferien zurück. Sie hoffe nun, dass zu der nächsten Sitzung mehr Vertreter aus den Unternehmen kommen.
Die IHK-Präsidentin bleibt gelassen
„Dies ist nicht schön“, meinte sie zu der geplatzten Sitzung, gab sich aber im Übrigen gelassen. Sie selbst sei dem Antrag der Kakteengruppe, andere Tagsordnungspunkte vorzuziehen, „neutral“ gegenübergestanden. „Für mich persönlich wäre es denkbar gewesen, dem Antrag der Kakteen zu folgen“, meinte die IHK-Präsidentin. Wenn die Vollversammlung diesen ablehne, sei dies aber deren gutes Recht. „Ich sehe das eher sportlich“, meinte sie zu dem Auszug der Kakteen, „jeder nutzt die Mittel, die ihm zur Verfügung stehen.“ Auch nach der geplatzten Wahl sei sie immer noch bereit, auf die Kakteen zuzugehen. „Ich strecke weiter die Hand aus“, sagte Breuning. Schon in der Vergangenheit habe sie viele Gespräche mit den Kakteen geführt, das wolle sie auch weiter beibehalten, erklärte Breuning.
Clemens Morlok, einer der Sprecher der Kakteengruppe sagte, die IHK habe offenbar versucht, möglichst viele Vollversammlungsmitglieder zu mobilisieren. So seien selbst welche gekommen, die nach seiner Beobachtung nur an Sitzungen teilnähmen wenn es brennt“. Die bisher vertagten Themen sollten nun „in der Reihenfolge ihres Eingangs“ auf einer Sondersitzung behandelt werden. Dies wollen die Kakteen nach eigenen Angaben für die nächste Sondersitzung beantragen. Sollte dies auch abgelehnt werden, sei denkbar, dass sie erneut auszögen. Dies werde zwar nicht angestrebt, sagte Morlok, „aber das Instrument steht zur Verfügung“. Im Vorfeld der Wahl war zwar allgemein mit der Wahl Schmalzls gerechnet worden, einige Beobachter hatten aber darauf auch hingewiesen, dass bei einem denkbaren Auszug der Kakteen eine Beschlussunfähigkeit drohen könne.
Viele Probleme für den Neuen
Der neue Hauptgeschäftsführer wird sich mit einer ganzen Reihe von Problemen herumschlagen müssen. So beabsichtigt das Bundesverfassungsgericht, noch in diesem Jahr eine Entscheidung zu der umstrittenen Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern zu treffen. Zudem werden aller Voraussicht nach die Auseinandersetzungen mit den Kammerkritikern über die Pensionsrückstellungen weitergehen, die trotz eines positiven Ergebnisses aus der normalen Tätigkeit zu einem Minus von rund sechs Millionen Euro im Jahresabschluss geführt haben. Aus Kammersicht ist dies aber eher ein buchungstechnisches Problem. Bei höheren Zinsen könnten Rückstellungen dann wieder aufgelöst werden. Strittig dürften auch das Gehalt des Hauptgeschäftsführers und die Frage politischer Äußerungen der Kammer bleiben.
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