Beim IHK-Kongress „Stuttgart gründet“ wird deutlich, dass beim Gründen im Land immer noch viel Eigeninitiative gefragt ist. Und nicht jeder Mensch mit Unternehmergeist bastelt gleich am nächsten Technologiechampion für Baden-Württemberg.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - Baden-Württemberg ist im Bundesvergleich kein Gründerland: Eine starke Wirtschaft ist nicht der Boden, auf dem Risikobereitschaft gedeiht. „Im Land liegen vielleicht nicht bei der Zahl der Gründungen vorn – aber wenn man anschaut, wie viele dieser Unternehmen noch nach fünf Jahren existieren, dann sind wir Spitze“, sagte Guido Rebstock als Vertreter des Landeswirtschaftsministeriums zur Eröffnung des diesjährigen, von der Industrie- und Handelskammer Stuttgart veranstalteten Kongresses „Stuttgart gründet.“ Doch das Thema hat im Land Potenzial, wie die im Vergleich zum Vorjahr um einige Dutzend auf 250 gestiegene Besucherzahl von Gründungsinteressierten und Jungunternehmern nahelegt. Die IHK Stuttgart hat gerade einen eigenen Ausschuss für das Thema Start-ups gegründet, in dem bereits mehr als 40 Jungunternehmer aktiv sind. „Es ist der erste unserer Ausschüsse, der branchenübergreifend angelegt ist“, sagte der IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Richter.

 

Das Thema Gründen ist dabei ein breiteres Feld als das moderne Start-up-Klischee von den jungen App-Programmieren suggeriert. Auch wenn die baden-württembergische Innovationsagentur Bwcon die Tipps für einen Geschäftsplan ganz modern „Venture-Development-System“ nannte oder der Vertreter einer Medienagentur das Publikum in einem turbulenten Vortrag beim Thema Suchmaschinenoptimierung auf die Höhe der Zeit brachte, kamen viele Teilnehmer mit bescheideneren Erwartungen. Nicht jeder will gleich den nächsten Technologiechampion aus Baden-Württemberg schaffen. „Ich bin eine Mutter, die eine Idee im Nebenerwerb verwirklichen will – wie soll ich dann mit einem Team gründen?“, fragte etwa eine Teilnehmerin den Bwcon-Referenten, der das A und O beim Gründen die drei „T“ nannte: „Team, Team und Team.“

Die Zuwanderungswelle legt die Wurzeln für einen Gründerboom

Doch gerade Einzelgründungen in Bereichen ohne große, technologische Zugangshürden könnten in Baden-Württemberg in den kommenden Jahren wichtiger werden: Wenn die Integration der augenblicklichen Welle von Zuwanderern gelingen soll, dann werden sich viele in traditionellen Dienstleistungsbereichen tummeln – und dazu gehört immer noch Gründungs-Klassiker Restaurant. Beratungsagenturen wie die sich in Stuttgart präsentierende Zentrum für Existenzgründung und Unternehmensentwicklung (Exzet), die sich auf Einzelgründer im Dienstleistungssegment konzentrieren und ursprünglich in der Kooperation mit Jobcentern Gründungsinteressierten Wege aus der Arbeitslosigkeit zeigten, werden neben der Technologieförderung ihren Platz behaupten. Doch während Baden-Württemberg seine Unterstützung für Gründer etwa in Form von Beratungsgutscheinen in den vergangenen Jahren stetig ausgebaut hat, beklagten in Stuttgart viele Einzelgründer, dass etwa der Gründerzuschuss der Bundesagentur für Arbeit immer schwerer zu erhalten sei, weil er eher als Instrument der Arbeitsmarktpolitik denn als Anschub zu unternehmerischer Initiative gedacht ist.