Die IHK Region Stuttgart hat den ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler mit dem Merkur ausgezeichnet. Der fordert in seiner Rede einige Reformen.

Familie, Bildung, Soziales : Michael Trauthig (rau)

Stuttgart - Dem früheren Bundespräsident steht die Freude über die Ehrung, die ihm am Dienstagabend von der Industrie und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart zuteilwird, ins Gesicht geschrieben. „Der Merkur bekommt daheim einen Ehrenplatz“, sagt Horst Köhler über die Bronzeplastik, die nun in seinen Besitz übergeht und die zugleich die höchste Auszeichnung der IHK darstellt. Der 70-Jährige verrät aber auch zu Beginn seines Vortrags, nicht alles dazu gewusst zu haben: „Ich habe mich vorab etwas genauer darüber informiert, wer mir da ins Haus steht“, sagt der Ludwigsburger. Dann gibt er ein paar Erkenntnisse seiner Fortbildung über den heutigen Schutzpatron der Gewerbetreibenden preis: Mercurius, so erzählt er, lasse sich eigentlich auf den griechischen Gott Hermes zurückführen. Der sei „ein ziemliches Früchtchen“ gewesen.

 

Doch der Ökonom Köhler, der in seinem bewegten Leben nicht nur Präsident des Sparkassenverbandes, sondern auch IWF-Chef und nicht zuletzt Staatsoberhaupt war, fand anschließend rasch zu dem Thema, das ihm auf dem Leib geschneidert ist und das ihn umtreibt: die Finanzkrise sowie die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, Europa und der Welt: „Wir Deutschen haben die Kraft, unser Haus in Ordnung zu halten und Europa voranzubringen“, betonte Köhler. Er verbreitete so Zuversicht, dass trotz aller Schwierigkeiten die Zukunft nicht nur zu meistern ist, sondern sogar Chancen für globalen Fortschritt bietet.

Köhler fordert stärkere ökonomische Bildung junger Leute

Voraussetzung ist für Köhler allerdings, dass alle Verantwortlichen ihre Hausaufgaben machen. Die Schulden müssten abgebaut, Strukturreformen in den finanzschwachen Staaten vorgenommen, die weltweiten Ungleichgewichte bekämpft werden. Im Blick auf die Bundesrepublik mischte sich der CDU-Politiker mit Ratschlägen zur Sozialpolitik fast in den beginnenden Vorwahlkampf ein. Er warnte davor, die Errungenschaften der Agenda 2010 abzuschwächen, und er machte sich für ein neues Reformprogramm stark: „Eine Agenda 2020, wenn nicht gar eine Agenda 2030.“ Als konkrete Maßnahmen nannte er dafür unter anderem eine Verbesserung der Infrastruktur, eine stärkere ökonomische Bildung der jungen Leute sowie ein einfacheres Steuersystem.

Mit diesen Forderungen und mit seinem leidenschaftlichen Plädoyer für mehr „Führung“ rannte Köhler bei den meisten Wirtschaftsvertretern, die in die Kongresshalle Böblingen gekommen waren, offene Türen ein. Auch der IHK-Präsident Georg Fichtner lobte den Geehrten: Horst Köhler habe sich in seinen zahlreichen Ämtern für den Erhalt und die Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft engagiert. Fichtner hob zudem Köhlers Einsatz für Afrika hervor, und er strich seine geistige Unabhängigkeit bei der Amtsführung heraus.