Die Industrie- und Handelskammern im Land reduzieren ihre Rücklagen. Dies geschieht nicht ganz freiwillig, meint Ulrich Schreyer.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Ein Trend, über den sich in den vergangenen Jahren viele Unternehmen freuen konnten, geht möglicherweise zu Ende: Immer wieder haben viele Industrie- und Handelskammern (IHK) ihre Umlagesätze gesenkt, die Unternehmen mussten also weniger Beitrag bezahlen. Nun aber haben bereits zwei der zwölf Kammern im Land diese wieder erhöht. Dies geschah auch mit Blick auf möglicherweise schlechtere Zeiten, in denen die Firmen weniger verdienen und damit bei konstanten Sätzen auch weniger an die Kammern abliefern würden.

 

Dass die IHK Heilbronn eine der beiden Kammern mit wieder höheren Hebesätzen ist, muss nicht weiter verwundern. Schließlich gehört die Audi AG mit ihrem Werk in Neckarsulm zu den größten Unternehmen und sicher auch zu den wichtigsten Beitragszahlern im Kammerbezirk. Und dass die Gewinne bei den Autobauern schrumpfen, ist bekannt.

Früher reichlich Rücklagen

Dass die IHK in den vergangenen Jahren ihre Mitgliedsfirmen immer wieder entlasten konnten, ist auch eine Konsequenz aus der Tatsache, dass sie reichlich Rücklagen angesammelt hatten. Die Kammerkassen, so scheint es, müssen wahre Schatztruhen gewesen sein – sonst wären Senkungen der Beiträge oder die Rückerstattung bereits bezahlter Gelder kaum möglich gewesen. Die Aufgaben der Kammern nämlich haben eher zugenommen, als dass sie geringer geworden wären.

Ganz freiwillig ist die Entlastung der Mitglieder ohnehin nicht zustande gekommen. Immer wieder klagten Kammerkritiker gegen Gebührenbescheide. Und das Bundesverwaltungsgericht hat in einer Entscheidung vom Dezember 2015 klargemacht, dass Rücklagen angemessen sein müssen – und falls zu hoch, reduziert werden müssten. Im November 2018 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart Klagen von Kammerkritikern aus Stuttgart und Heilbronn recht gegeben.

Streit geht weiter

Auf höherer Ebene sind die Streitigkeiten zwar noch nicht entschieden – sie zeigen aber, dass der Druck auf die Einrichtungen der wirtschaftlichen Selbstverwaltung gestiegen ist. Natürlich erklärt etwa die IHK Stuttgart, man habe Firmen freiwillig entlastet. Das mag teils stimmen, ändert eines aber nicht: Die Kammerrücklagen werden künftig eher den in einem Sparschwein angesparten Notgroschen entsprechen als einem Schatz, auf den man bei Bedarf mühelos zugreifen kann.