Ein Unternehmer aus Ditzingen klagt gegen die IHK, weil sie ein Plakat Pro-Stuttgart 21 mit Beiträgen ihrer Mitglieder finanziert hat.

Stuttgart - "S 21, mehr Jobs, mehr Tempo, mehr Stadt“ – die Botschaft des Plakats, das seit vergangenem Herbst am Gebäude der Industrie- und Handelskammer in der Jägerstraße hängt, ist eindeutig pro Stuttgart 21. Unterschrieben mit IHK Region Stuttgart, spricht es indirekt auch für die 155.000 Pflichtmitglieder der Zwangskörperschaft. Einer von ihnen, Clemens Morlok, will sich diese Meinung allerdings nicht überstülpen lassen: Der Geschäftsführer des Ditzinger Unternehmens Just Call ist S-21-Gegner der ersten Stunde. Jetzt klagt er vor dem Verwaltungsgericht gegen die IHK – und verlangt, dass sie das Transparent abhängt.

 

„Das ist indiskutabel“, sagt der 52-Jährige, dessen grüner K-21-Stoffbeutel über seinem Stuhl im Sitzungssaal hängt. Die IHK obliege dem Grundsatz der Objektivität, argumentiert sein Anwalt Michael Kleine-Cosak. Mit der klaren Meinungsäußerung zum umstrittenen Projekt würden Minderheitenposition mit Füßen getreten: „Das ist nicht demokratisch!“ Das Plakat sei „reine Provokation zu einem politisch brisanten Zeitpunkt“.

Die IHK ihrerseits beruft sich auf den gesetzlichen Auftrag, die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder zu wahren: „Bei Stuttgart 21 geht es um Geschäftschancen für die ganze Region.“ Ziel sei es auch nicht, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden: „Bei so vielen Mitgliedern finden Sie immer irgendwen, der dagegen ist.“ Weitgehenden Konsens bringen Vollversammlungen, bei denen Mitglieder die Richtlinien der IHK bestimmen. „Der Auftrag lautet, offensiv für Stuttgart 21 zu werben“, sagt Tina Bergmann, Anwältin der IHK.

Zur Not ruft Morlok höhere Instanzen an

Die Richter weisen allerdings auf einen Schönheitsfehler hin: Bergmann bezieht sich auf Vollversammlungen der Jahre 2006 und 2009. Seither wurde vieles teurer, es wurde geschlichtet und umgeplant, aber die IHK hat nicht mehr getagt – und Richter Richard Rudisile stellt sich die Frage: „Darf man sich in einer politisch zugespitzten Situation noch auf diese Vollversammlungen berufen oder muss man sich eine neue Legitimation holen?“

Am Freitag will die Kammer ein Urteil sprechen. Clemens Morlok hofft, dass sein Fall anders ausgeht als ein ähnlicher vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe: Im März wollte ein Unternehmen die Äußerung „S 21 ist ohne Alternative, S 21 muss kommen“, untersagen lassen. Ohne Erfolg: sie verletze nicht das Gebot der notwendigen Zurückhaltung, so das Gericht. Damit gäbe Morlok sich nicht zufrieden, er will zur Not höhere Instanzen anrufen. Die Finanzierung hat der Geschäftsmann gesichert: mit bis zu 15.000 Euro sponsort der Zusammenschluss von Unternehmern gegen Stuttgart 21 den Rechtsstreit.