Seit einigen Monaten wird in der Alten Weinsteige ein Bordell betrieben. Mitten auf der Haigst. Laut Stadt ist das illegal – sie versucht, das Etablissement zu schließen.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Aus Sicht der Stadt ist die Sache glasklar: „Das ist weder baurechtlich genehmigt, noch gibt es jemals die Aussicht, dass das baurechtlich geregelt wird.“ Die Rede ist von einem Bordell an der Alten Weinsteige, mitten im Wohngebiet. Das Baurechtsamt hat dem Betreiber der nur wenigen Monate alten Vergnügungseinrichtung jetzt eine Nutzungsuntersagung zukommen lassen. Das Ende des Bordellbetriebs, das über mehrere Zimmer und einen Balkon mit Blick auf Grünflächen verfügt, bedeutet das noch lange nicht. Denn das Prozedere ist langwierig. Das zeigt auch OB Fritz Kuhns Engagement, die Prostitution in der Altstadt einzudämmen. Der Erfolg dabei ist bislang überschaubar.

 

Das liegt vor allem daran, dass jeder Bordellbetreiber das Recht hat, gegen Nutzungsuntersagungen Widerspruch einzulegen. Auch wenn die Dinge so eindeutig liegen wie an der Alten Weinsteige, wo der per Gemeinderatsbeschluss verabschiedete Bebauungsplan für die Haigst eine prinzipielle Unvereinbarkeit von familienfreundlichem Wohnen und Rotlicht sehr eindeutig formuliert.

Ungläubige Anwohner

Wobei es hier bislang noch zu keinen großen Konfrontationen gekommen zu sein scheint. Wer unter den Anwohnern stichprobenartig herumfragt, erntet nur ungläubige Blicke. „Ein Bordell bei uns? In der Nachbarschaft ist das jedenfalls kein Thema“, sagt ein älterer Herr. Die Stadtverwaltung hat den Hinweis auch nicht aus der Bevölkerung, sondern von der Polizei erhalten.

Doch auch wenn der Bordellbetrieb offenbar recht leise daherkommt, ändert das an der Nutzungsbestimmung zwar erst einmal nichts. Doch wird der Nutzungsuntersagung widersprochen, landet sie beim Regierungspräsidium Stuttgart (RP). Und dort können die Akten ziemlich lange liegenbleiben.

Das zeigten die jüngsten vergleichbaren Fälle im Leonhardsviertel. Der schnellste Fall in den vergangenen Jahren beanspruchte vier Monate Bearbeitungszeit, manche wurden offenbar noch sorgfältiger geprüft: bis zu drei Jahre.

Insgesamt 180 Bordelle in der Stadt

Doch selbst dann kann einem Bordell noch kein Riegel vorgeschoben werden. Akzeptiert der Bordellbetreiber die Nutzungsuntersagung auch dann nicht, wenn das RP sie für rechtmäßig hält, kann er vor dem Verwaltungsgericht dagegen klagen. Und selbst wenn er dort verliert, in höheren Instanzen. Wenn keine einstweilige Verfügung der Stadt erwirkt werden kann, kann der tatsächliche Bordellbetrieb also über Jahre weiterlaufen. „Es ist für uns nicht einfach, gegen illegale Bordelle vorzugehen. Aber so ist der Rechtsweg“, sagt Sven Matis, der Pressesprecher der Stadt Stuttgart. Die meisten Bordelle im Leonhardsviertel sind noch in Betrieb, im gesamten Stadtgebiet gibt es etwa 180 Bordelle. Für die nächste Zeit dürfte es noch eines mehr bleiben.