Im Alten Schauspielhaus Wie lebt es sich in Stuttgart, Helmut Zierl?
Fernseh- und Theaterstar Helmut Zierl plauderte beim „Ortstermin“ unserer Zeitung über die Schauspielerei, Generationenkonflikte – und über Stuttgart. Mit welchem Urteil?
Fernseh- und Theaterstar Helmut Zierl plauderte beim „Ortstermin“ unserer Zeitung über die Schauspielerei, Generationenkonflikte – und über Stuttgart. Mit welchem Urteil?
Zum dritten Mal schon steht Helmut Zierl in Stuttgart auf der Bühne – und nun erst liebt er die Stadt. Am frühen Dienstagabend erzählt der Schauspieler beim „Ortstermin“ unserer Zeitung von der Arbeit für Theater und Film, von seinem Buch „Follow the Sun – Der Sommer meines Lebens“, und über die Verständigung zwischen den Generationen. Ein Thema, das Zierls aktuelle Rolle im Alten Schauspielhaus bestimmt.
„Blind“, ein Stück der niederländischen Dramatikerin Lot Vekemans, erzählt von Richard, dem Vater, der in einer exklusiven, abgesicherten Wohnanlage lebt, einer „Gated Community“, und von Helen, seiner Tochter, gespielt von Lisa Wildmann. Helen besucht ihren Vater. Beide werden für unbestimmte Zeit gemeinsam eingeschlossen. Ein Generationenkonflikt von besonderer Qualität kommt zutage, in ihren Dialogen.
Helmut Zierl, 1954 geboren, feierte am Vorabend des „Ortstermins“ seinen 71. Geburtstag. Vor fünf Jahren veröffentlichte er das Buch „Follow the Sun – Der Sommer meines Lebens“, in dem er von seiner Jugend erzählt, von seinen Abenteuern als Tramper, Drogenerfahrungen und Freunden, die es nicht schafften, die verstarben. Zehn Jahre, sagt Zierl, habe er an diesem Buch geschrieben – „Es war fast eine therapeutische Erfahrung, all das hatte mich emotional sehr mitgenommen.“
Der Vater von Helmut Zierl wurde 1920 geboren, in die Hitlerzeit hinein. Der Sohn erzählt im Dialog mit Nikolai B. Forstbauer, Autor unserer Zeitung, vom Streit, von den Vorwürfen, die er seinem Vater machte. „Später tat mir das sehr leid“, sagt er, „und ich war unglaublich glücklich, als mein Vater mir erzählte, dass er es nicht begreifen konnte, wie er sich von dieser Welle kurz hatte mitreißen lassen.“ Einen völlig verhärteten Menschen will Helmut Zierl in Richard, dem Vater, den er nun spielt, nicht sehen. „Er begreift das Lebens nur auf andere Weise und versucht, das seiner Tochter zu vermitteln.“
Helmut Zierl wurde einem breiten Publikum bekannt durch seine Rollen in zahlreichen Fernsehfilmen. Gerade solche Produktionen, sagt er, würden häufig unterschätzt: „In trivialen Stoffen stecken oft erstaunlich tolle Charakterrollen.“ Zierl begann als Theaterschauspieler, fand sich in seinen Fernsehproduktionen irgendwann wieder in einer Schublade – als Sunnyboy, Liebhaber, Schwiegermütter-Traum. „Es ist schwer, da wieder herauszukommen“, sagt er.
Wie lebt Helmut Zierl, der seine Heimat Schleswig-Holstein „wirklich liebt“, mit seiner Bekanntheit? Zierl lächelt – und antwortet anekdotisch: Allenfalls ein bisschen, wenn eine ganze Schulklasse um ein Autogramm ansteht und ihm das eben gekaufte Eis über die Hand läuft. Gerührt erinnert sich Zierl an einen Vater, der sich im Namen seiner ganzen Familie für all die schönen Stunden bedankte, die Zierl ihnen als Fernsehschauspieler schenkte.
Hat Helmut Zierl einen Rat für heute angehende Schauspielerinnen und Schauspieler? „Spielt Theater“, sagt Zierl, „dort lernt ihr, Emotionen aufzubauen und mit Text umzugehen“. An der Seite von Zierl nutzt Axel Preuß, Erfolgsintendant der Schauspielbühnen Stuttgart (Altes Schauspielhaus und Komödie im Marquardt), den „Ortstermin“ nicht nur zu manchem Blick hinter die Kulissen, sondern auch zu einem Appell an die Politik. Stuttgart möchte in den kommenden zwei Jahren auch bei der Kulturförderung sparen. Die Ausgaben aber machten „nur 0,8 Prozent des Gesamthaushaltes“ aus – und Eingriffe stünden „in keinem Verhältnis zu dem, was da möglicherweise kaputt gemacht wird“.
Jüngst hatte Helmut Zierl, mit „Blind“ noch bis zum 25. Oktober im Alten Schauspielhaus zu erleben, bekundet, er sei erstmals wirklich gern in Stuttgart. Gilt die Aussage noch? Zierl lacht, erzählt von den Schrecken der „unglaublich vielen Blitzanlagen überall“. Nun ist er glücklich, ist Gast eines „wunderbaren älteren Ehepaars“ im Stuttgarter Osten, fährt Stadtbahn und freut sich an seinem Weg „durch den Schlossgarten“. Was er sagen müsse: „Stuttgart ist wunderschön“.
Das Stück
„Blind“ mit Helmut Zierl und Lisa Wildmann ist noch bis einschließlich 25. Oktober im Alten Schauspielhaus in Stuttgart (Kleine Königstraße 9) zu sehen. Tickets gibt es unter Telefon 0711 / 22 77 00.
Die Lesung
An diesem Sonntag, 12. Oktober, liest Helmut Zierl im alten Schauspielhaus aus seinem Buch „Follow the Sun – Der Sommer meines Lebens“. Beginn ist um 19.30 Uhr. Tickets gibt es unter Telefon 0711 / 22 77 00.