Rund 100 000 Besucher zieht es Jahr für Jahr ins Erfahrungsfeld der Sinne „Eins + Alles“. Nun baut die Christopherus Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Laufenmühle auf dem Gelände zwei neue Häuser für 48 Bewohner.

Welzheim - Es tut sich was beim Wunderweg: Am Beginn des Pfades, der sich durch das Erfahrungsfeld der Sinne „Eins + Alles“ bei der Welzheimer Laufenmühle und an allerlei Attraktionen vorbei schlängelt, klafft eine riesige Baugrube. Dieser Tage stellen Arbeiter die Bodenplatte für ein Wohnhaus her, das künftig 24 Bewohnern der Einrichtung als neues Zuhause dienen soll. Gleich nebenan entsteht noch ein weiteres Gebäude, das ebenfalls Platz für 24 Menschen bieten wird, außerdem ist dort künftig ein Teil der Tieroase untergebracht, in der sich Tier und Mensch begegnen können.

 

„Wir vergrößern uns nicht, es bleibt bei den 87 Plätzen, die wir schon vorher hatten“, betont Daniela Doberschütz von der Christopherus Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Laufenmühle, die das Erfahrungsfeld der Sinne als Werkstatt für behinderte Menschen betreibt. Die beiden neuen Gebäude seien nötig, um zeitgemäßes Wohnen in der Laufenmühle zu ermöglichen und die Vorschriften der Landesheimbau-verordnung umzusetzen, erläutert Daniela Doberschütz.

Zwei Häuser ersetzen drei Gebäude

Die zwei neuen Häuser ersetzen drei kleinere Gebäude, die Ende der 1970er-Jahre an dieser Stelle für Kinder gebaut worden waren. „Diese umzubauen war nicht wirtschaftlich“, sagt Doberschütz über die im anthroposophischen Stil errichteten Häuser, die abgerissen wurden.

„Die drei Häuschen waren für viele eine Heimat“, berichtete der Vorstandsvorsitzende Dieter Einhäuser bei der Grundsteinlegung für die zwei Neubauten. Die niedrig-heimeligen Bauten der Siebziger hätten den Zeitgeist gespiegelt: „In der Nachkriegszeit stand, auch als Reaktion auf die Zeit des Nationalsozialismus, der Schutzgedanke im Vordergrund.“ Die Einrichtung Laufenmühle beschreibt Einhäuser in der Vergangenheit so: „Vor 15, 20 Jahren war das hier ein ziemlich verschlafener, im grünen Wald versteckter Ort.“

Die Zeiten sind vorbei, seit Dieter Einhäuser mit seinem Sohn Philipp begonnen hat, das Erfahrungsfeld der Sinne aufzubauen. „Heute spricht man von Teilhabe und das interessiert uns sehr, denn wir wissen um die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen“, sagt Dieter Einhäuser, der Wert darauf legt, „offen zu sein und dafür zu werben, dass andere ihre Türen öffnen“.

Nachhaltige Entwicklung im Erfahrungsfeld

Die Christopherus Lebens- und Arbeitsgemeinschaft ist da mit gutem Beispiel vorausgegangen, wie der Welzheimer Bürgermeister Thomas Bernlöhr in seiner Rede bei der Grundsteinlegung anmerkte: „Inklusion bedeutet auch, Besucher in eine Einrichtung zu bringen, so wie im Erfahrungsfeld.“ Um die 100 000 Gäste kämen inzwischen pro Jahr. Bernlöhr lobte die „dynamische und vor allem nachhaltige Entwicklung“ – jedes Jahr komme etwas Neues hinzu.

„Veränderung steht über allem, was wir hier treiben“, bestätigt Dieter Einhäuser. Bevor es mit dem Neubau der zwei Wohngebäude am Wunderweg losgehen konnte, musste das Vorhaben lange und gründlich geplant werden. In Welzheim mietete die Einrichtung ein Haus als Ausweichquartier für die Bewohner an, zum selben Zweck baute man zudem in der Bahnhofstraße ein neues Wohnheim. Die Stuttgarter Architekten Ralph Geyer und Oliver Schulze betreuen nun den Bau der beiden Häuser in der Laufenmühle. Dafür „musste sehr viel Erde bewegt werden“, erklärt Ralph Geyer: „Die Topografie ist hier sehr anspruchsvoll.“ Der steile Hang hinter den Häusern sei mit einem Beton-Erde-Gemisch gesichert worden, um Rutschungen zu verhindern. Insgesamt ist Ralph Geyer zufrieden mit dem Verlauf des Projekts, dank des günstigen Wetters konnten die Bauarbeiten schon im Januar anstatt im März starten. Derzeit tüftele man noch an einem Farbkonzept für die zwei Neubauten, die im Juli 2021 fertig sein werden, berichtete Ralph Geyer: „Sie sollen sich farblich gut einfügen.“

Wohnen und Arbeiten in der Laufenmühle

Bauprojekt:
Die beiden neuen Gebäude haben eine Wohnfläche von insgesamt 2100 Quadratmetern, in jedem Haus kommen 24 Bewohner unter. Und zwar in Einzelzimmern, den Sanitärbereich teilen sich je zwei Menschen. Die reinen Baukosten samt Abriss schlagen mit 6,5 Millionen Euro zu Buche. Die zwei Häuser sollen Ende Juli 2021 fertiggestellt sein.

Wechsel:
Die beiden Häuser ersetzen drei Wohngebäude auf dem Gelände, die aus dem Jahr 1978 stammen und deren Sanierung nicht wirtschaftlich war. Die Zahl der vollstationären Plätze, insgesamt 87, bleibt gleich.

Garten:
Die Außenanlagen rund um die beiden Neubauten werden im Sommer 2021 im Rahmen eines Projekts der Bundesarbeitsgemeinschaft selbstverwalteter Gartenbaubetriebe (BASEG) von rund 100 Gärtnerinnen und Gärtnern gestaltet. Diese stellen ihre Arbeitskraft unentgeltlich zur Verfügung und reisen auf eigene Kosten an.

Eröffnung:
Die Winterpause im „Eins + Alles“ endet am Sonntag, 1. März. Im Monat März ist das Erfahrungsfeld der Sinne montags noch geschlossen, ab April wird es dann wieder täglich geöffnet. Das Jahresthema lautet dieses Mal „Zeit“.