Wer auf dem Stuttgarter Flughafen ankommt, wundert sich. Wo zuvor „Willkommen in the Länd“ stand, heißt es nun: „Airport Stuttgart welcomes you im Ländle“. Wird die neue Werbeoffensive ausgebremst? Laut Staatsministerium ist die neue Marke „eine Wucht“.
Selbstironie siegt! Der Slogan, mit dem Baden-Württemberg von 1999 bis 2021 für sich warb, hat Preise abgeräumt und ist zum geflügelten Wort geworden: „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ Kann das Land alles, sogar eine neue, mindestens ebenso gute Imagekampagne in die Welt raushauen? Dass der neue Claim „The Länd“ seit der Vorstellung im vergangenen Oktober mit Spott überzogen und für seine hohe Kosten (laut Staatsministerium 21 Millionen Euro in drei Jahren) heftig kritisiert wird, ist für den Marketingexperten und Agenturinhaber Phil Hagebölling, der am 3. November die erste Digital Lions Expo auf der Landesmesse Stuttgart veranstaltet, deutlicher Beweis, dass die Rechnung aufgeht.
„Eine gute Kampagne muss verwundern, Schmerzen bereiten, für Kontroversen sorgen, in Zeiten der Reizüberflutung herausstechen, emotional sein und bei jungen Leuten überdurchschnittlich punkten“, sagt Hagebölling, der zusammen mit der Südwestdeutschen Medienholding bei der neuen Messe rund um die digitale Transformation erstmals den Wirtschaftspreis Schwarzer Löwe vergibt. Die Kriterien für erfolgreiches Marketing sieht er bei „The Länd“ gegeben.
Auf dem Flughafen gibt es eine „Ländebahn“
Sieht das auch der Stuttgarter Flughafen so? Nach Start der Imagekampagne sind in der Ankunftshalle bei der Gepäckausgabe die Fluggäste mit einem großen Poster in Gelb begrüßt worden, auf dem stand: „Willkommen in The Länd.“ Jetzt prangt ein anderer Slogan an derselben Stelle: „Stuttgart Airport welcomes you im Ländle.“
Findet die Flughafengesellschaft das schwäbische Ländle besser? „Der Eindruck mag entstehen“, sagt Flughafensprecher Johannes Schumm, „Ursache für den Wechsel ist schlicht, dass der gebuchte Zeitraum für die Länd-Kampagne an diesem Platz vorüber ist.“ Das gelbe Plakat mit dem neuen Slogan war vom Land bezahlt – aber nicht für immer. Deshalb hat der Flughafen wieder sein eigenes Willkommensplakat aufgehängt, und das verwendet das Verniedlichungswort Ländle, von dem die Werbestrategen des Staatsministeriums wegkommen wollen. Der Begriff Ländle klinge nach Spielzeugland, heißt es, das man nicht ernst nehmen müsse. Regierungssprecher Arne Braun findet die Rückkehr zum Ländle in der Ankunftshalle nicht gut. Laut Flughafensprecher Schumm wird dies nicht so bleiben: „Ein neues Motiv ist bereits in Vorbereitung.“ Der Flughafen mit seiner internationalen Ausrichtung sei „sehr angetan“ von der Länd-Kampagne und habe das Thema „augenzwinkernd“ in den sozialen Medien aufgegriffen und etwa die „Ländebahn“ gepostet.
„Akzeptanz zeigt sich auch im Namen des neuen Festivals Artländ“
„Der Start der Kampagne verlief außerordentlich positiv“, versichert Regierungssprecher Arne Braun, „die Marke hat jetzt schon eine große Wucht, an vielen Stellen ist The Länd zum Synonym für Baden-Württemberg geworden.“ Dies belege auch „die eindrucksvolle Nachfrage bei den Merchandising-Artikeln“. Die Akzeptanz zeige sich außerdem im Namen des neuen Kulturfestivals am Eckensee, das Artländ heißt.
Nach einer repräsentativen Umfrage, vom Land in Auftrag gegeben, liegt die Zustimmung für die neue Werbeoffensive bei über 50 Prozent. Die Zahlen nennt Braun auf Anfrage unserer Redaktion. 71 Prozent der Befragten zwischen 16 und 39 Jahren bewerten den Slogan demnach positiv. Bei der Umfrage, an der jeweils 800 Personen aus unterschiedlichen Berufs- und Altersgruppen in Baden-Württemberg und deutschlandweit teilgenommen hätten, gaben laut Braun 57 Prozent im Land an, die Kampagne zu kennen. Bundesweit seien es 13 Prozent, obwohl Plakate zunächst nur im Südwesten aufgehängt worden sind.
Das Land soll vom Streberimage wegkommen
Zu anderen Zahlen kommt eine repräsentative Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des SWR mit 1170 Interviews. Knapp drei Viertel der Baden-Württemberger (71 Prozent) hätten von „The Länd“ gehört oder gelesen. Von diesen sehen zwei Drittel (66 Prozent) die Kampagne „eher oder sehr negativ“. Nur ein Viertel (25 Prozent) hätte die Kampagne „sehr oder eher positiv“ bewertet. Regierungssprecher Braun sagt dazu: „Die Bekanntheit deckt sich in etwa. Ich kenne weder die Fragestellung noch die Systematik der SWR-Umfrage, bei uns war sie nach Alter spezifiziert.“ Dass die Kampagne Kontroversen auslöse, sei beabsichtigt. Für neues Marketing brauche man Zeit, sagt Braun. Bald werde die nächste Stufe gezündet: „Wir werden nun unsere Aktivitäten auch im Ausland verstärken.“
Die Agentur Scholz & Friends hatte den alten, ebenfalls zunächst heftig kritisierten Slogan „Wir können alles. Außer Hochdeutsch“ 1999 im Auftrag von Erwin Teufel entwickelt, um mitzuhelfen, dass Baden-Württemberg vom Streberimage wegkommt und sympathisch wahrgenommen werde. Auch dies sei ein Standortvorteil.