Beim Imkertag in der Strudelbachhalle erhalten Fachleute, aber ebenso Laien einen umfassenden Einblick in die Welt der Bienen und gewinnen neue Erkenntnisse. Ein wichtiges Thema ist das Insektensterben.

Weissach - Das Hobby der Imkerei gehört sicherlich zu jenen, die dem unbedarften Laien eine gewisse Ehrfurcht einflößen. Schließlich bedarf die Haltung und Pflege dieser faszinierenden Tiere ein großes Maß an Gespür und Wissen für die Natur – ganz zu schweigen vom praktischen Können. Wer aber mit dem Gedanken spielt, sich der Biene zu widmen, sollte sich von diesem Aufwand auf keinen Fall abschrecken lassen, denn Neuimker können auf die Unterstützung Erfahrener bauen.

 

Eine der größten Fortbildungsveranstaltungen im deutschen Raum, die sich sowohl an Neulinge als auch Erfahrene richtet, fand am Mittwoch in der Weissacher Strudelbachhalle statt. Das Regierungspräsidium Stuttgart lud dort zum mittlerweile 45. Weissacher Imkertag, der 1974 von Franz Lampeitl, zu dieser Zeit noch Bienenzuchtberater am Landwirtschaftsamt Stuttgart, ins Leben gerufen wurde. Pünktlich zum Saisonbeginn informierten die eingeladenen Referenten über Themen wie etwa Biodiversität, Insektensterben oder über die neusten Erkenntnisse in Bezug auf die Bekämpfung der aus Asien eingeschleppten Varroamilbe, welche die heimische Bienenpopulation bedroht.

Bienen als „umbrella species“

Während es sich bei den mehr als dreihundert Gästen zwar überwiegend um Fachleute handelte, boten die Vorträge an diesem Tag auch für Laien viel Interessantes – und das nicht nur über die Biene. So legte beispielsweise Lea Kretschmer in ihrem Vortrag über das Insektensterben den Fokus bewusst auch auf andere Insekten: „Im Gegensatz zu den Bienen haben die anderen Insekten keine Lobby“, erklärte die studierte Agrarökonomin. Gleichzeitig betonte Kretschmer aber auch die Verantwortung der Imker. Denn die Biene zählt sie zu den sogenannten „umbrella species“, das heißt zu jenen Arten, die sich wie ein Regenschirm über andere ausbreiten und ihre Existenz sichern.

Unter den Zuhörern, die sich allesamt dem Schutz der Biene verschrieben haben, war auch Wolfgang Gohl. Er hat vor 16 Jahren die Bienenvölker eines Imkers in der Verwandtschaft übernommen: „Am Anfang habe ich von erfahrenen Imkern Unterstützung bekommen. Auf diese Weise kann man sich am besten einarbeiten“, erklärt er. „Wichtig ist vor allen Dingen ein gutes Auge für die Natur, man muss sie aufmerksam beobachten.“ Um acht Bienenvölker kümmert sich Gohl derzeit. Damit liegt er im Durchschnitt der Region, wie der Bezirksverein für Bienenzucht Leonberg bei seinen Mitgliedern ermittelt hat. Die Zahl der Neuimker ist dabei in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen: „Die Vereine machen den Einstieg deutlich einfacher, indem sie Anfängern mit der ersten Ausstattung versorgen und Kurse in Theorie und Praxis anbieten,“ erklärt Kurt Mezger (Abteilungsleiter in der Abteilung Landwirtschaft, Ländlicher Raum, Veterinär- und Lebensmittelwesen im Regierungspräsidium).

Hände Weg von Spritzmitteln und Laubgebläse

Doch auch wer an diesem Tag nicht mit dem Gedanken spielte, Imker zu werden, konnte einiges dazulernen. So erklärte Lea Kretschmer in ihrem Vortrag, wie jeder normale Bürger dem Insektensterben entgegenwirken kann. Vor Augen zu halten sei dabei, dass neben den bekannten Faktoren, beispielsweise die Versiegelung von Landflächen, auch eine Vielzahl unbekannter Faktoren ein Rolle spielen und dementsprechend nicht nur eine Lösung existieren könne. Doch selbst Stadtbewohner können bereits Positives bewirken, wenn sie in ihren Blumenkasten nicht etwa Neuzüchtungen oder einjährige Blüten einsetzen, sondern eine bewusstere Auswahl treffen.

Dasselbe gilt in größerem Maßstab für den Gartenbesitzer: „Stauden sowie mehrjährige Pflanzen anstatt einjährige sind insektenfreundlich“, erklärt Kretschmer. Auch wer seinen Nachbarn dabei „erwischt“, wie er Spritzmittel oder einen Laubbläser verwendet, sollte diesen ruhig darauf ansprechen, sagt Kretschmer.