Die italienische Schauspielerin Ornella Muti will Russin werden. Und nicht nur sie. Immer mehr Promis stehen Schlange um die russische Staatsbürgerschaft. Das hat Gründe.

Moskau - Ornella Muti will es bald tun: Wie ein Moskauer Stand-up-Komiker russischen Medien steckte, hat die italienische Schauspielerin, die kürzlich mit ihm zusammen ein Musikvideo aufnahm, so gut wie alle Dokumente vorbereitet, die für den Erwerb der russischen Staatsbürgerschaft nötig sind. Die Verleihung ist Sache des Präsidenten, und bei dem hat die 61-Jährige einen ähnlich dicken Stein im Brett wie er bei ihr. Um bei einem Wohltätigkeitsdinner in St. Petersburg an Wladimir Putins Seite zu sein, ließ Muti im Juli 2010 ein Engagement im norditalienischen Pordenone platzen. Angeblich hatte sie eine fiebrige Halsentzündung und brauchte fünf Tage Ruhe.

 

Der Schwindel flog auf, ein Gericht verurteilte Muti, die ein gefälschtes ärztliches Attest vorgelegt hatte, 2015 zu acht Monaten Haft und einer Geldstrafe von 600 Euro. Seither soll sich die alternde Diva bevorzugt in Russland aufhalten, vermelden Klatschpostillen. Auch Blondinen sind durchaus in der Lage, sich – notfalls mit Smartphone – auszurechnen, was ein Russland-Aufenthalt von mehr als 183 Tagen per annum an steuerlichen Ersparnissen bringt. Egal ob Tellerwäscher oder Millionär: Der Fiskus will von beiden ganze 13 Prozent Einkommensteuer.

Depardieu lässt sich gern im bestickten Russenhemd ablichten

Das hatte sich offenbar frühzeitig herumgesprochen. Schon 2011 war ein Landsmann Mutis Russe geworden: Der Dirigent und Pianist Fabio Mastrangelo. Sein griechischer Kollege Theodor Kurentsis ist seit 2014 Besitzer des roten Passes mit Doppeladler. Auf neue Russen wie diese könne man mit Fug und Recht stolz sein, schreibt das Massenblatt „Komsomolskaja Prawda“. Auf Gérard Depardieu dagegen, der 2013 eingebürgert wurde, treffe das eher nicht zu. Seine Liebe zu Mutter Heimat stellt der Franzose – auch er bekennender Steuerflüchtling –vor allem durch ein herzinniges Verhältnis zum russischen Nationalgetränk unter Beweis, womit er sich schon das Wohlwollen der Franzosen verscherzte.

Zwar lässt sich Depardieu gern im bestickten Russenhemd ablichten. Mit der Sprache indes hapert es nach wie vor. Das Bekenntnis, er habe eine russische Seele, lieferte er daher vorsichtshalber auf Französisch ab. Tschetschenen-Häuptling Ramzan Kadyrow, der Freund Gérard gerade eine Luxuswohnung in Grosny geschenkt hatte, war leicht geknickt. Zumal auch die hochfliegenden Businesspläne des Franzosen für Tschetschenien stets irgendwie im Sand verliefen.

Die Ernennung Seagals zum russischen Honorarkonsul scheiterte

Auch US-Schauspieler Steven Seagal, dem Putin Ende vergangener Woche die russische Staatsangehörigkeit verlieh, will massiv in seine neue Heimat investieren, vor allem in eine Akademie für asiatische Kampfsportarten, ein Hobby, dem auch der Kremlchef frönt. Beide wurden mehrfach gemeinsam als Zuschauer bei Wettkämpfen gesehen. Seagal veranstaltete auch Meisterklassen für russische Kids. Putin wollte sich dafür mit der Ernennung Seagals zum russischen Honorarkonsul für Kalifornien und Arizona revanchieren, holte sich aber bei Barack Obama einen Korb.

Seagal, dessen Vorfahren väterlicherseits aus Wladiwostok stammen, war in Washington sowohl als Putin-Versteher als auch durch den früheren Erwerb der serbischen Staatsbürgerschaft unangenehm aufgefallen. Einen Drittpass, ätzte der Moskauer Boulevard, werde er in Kürze in der Mongolei beantragen, wo seine Wurzeln mütterlicherseits liegen.

Viele Sportler wollen den russischen Pass haben

Unter den Neubürgern sind auch viele Sportler. Fast alle holten bei den Olympischen Winterspielen 2014 im russischen Sotschi Edelmetall. Allein der Ex-Südkoreaner An Hen Su, der nebst Pass auch den Vornamen wechselte und sich jetzt Viktor nennt, gewann dreimal Gold und einmal Bronze. Russe ist seit Oktober 2015 auch der Kampfsportler Jeff Monson, der sich als Anarcho-Kommunist auf den Säulen des Kapitols in Washington mit antikapitalistischen Losungen verewigt hatte. Inzwischen 47 steigt er bei Kämpfen gern mit Russlands Staatslied oder mit „Steh auf, Donbass“ in den Ring, der Hymne der prorussischen Separatisten in der Ostukraine. Viele Fußballer, die für Klubs der russischen Premium-Liga spielen, wagten ebenfalls den Schritt vom Legionär zum Bürger, darunter auch der Deutsche Roman Neustädter.