Nach neuesten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit pendeln 239 014 Menschen regelmäßig zur Arbeit nach Stuttgart. Das entspricht fast genau der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in der Stadt. Von denen wiederum verlassen rund 90 000 die Stadt zum Arbeiten.

Stuttgart - Morgens um 6 Uhr auf die Autobahn oder in den Zug, abends erst spät wieder zu Hause ankommen – für Millionen Bundesbürger ist Pendeln Alltag. Im vergangenen Jahr stieg der Anteil der pendelnden Beschäftigten um 0,2 Prozentpunkte auf einen neuen Rekordwert von 59,4 Prozent. Es sind 18,4 Millionen Menschen in Deutschland, die in einer anderen Gemeinde wohnen als arbeiten – oft sind es Arbeitnehmer mit guten Jobs. Die Nachteile liegen auf der Hand: Stress, weniger Zeit für Familie und Freunde, Flächenverbrauch, Verkehr.

 

Die Großstadt mit den meisten Einpendlern ist München mit 365 000 Menschen, die dort im vergangenen Jahr arbeiteten, aber nicht wohnten. Es folgt Frankfurt am Main mit 352 000 Einpendlern. Den größten Anteil an Pendlern an allen Beschäftigten haben Heidelberg und Ludwigshafen mit 69 Prozent der dort Beschäftigten.

Die meisten Pendler kommen aus den Nachbarkreisen

In Stuttgart kommen von den rund 396 000 versicherungspflichtig Beschäftigten immerhin 240 000 von außerhalb, das sind rund 60 Prozent. Auch rund 245 000 versicherungspflichtig Beschäftigten, die in der Landeshauptstadt ihren Wohnsitz haben, fahren 87 000 ins Umland zur Arbeit. Bemerkenswert in den vergangenen Jahren in Stuttgart war, dass nicht nur die Zahl der Auspendler gestiegen ist, die der Einpendler hat sogar noch mehr zugenommen.

Die meisten Einpendler in die Landeshauptstadt kommen aus den angrenzenden Landkreisen Ludwigsburg und Esslingen. In etwa dem gleichen Umfang aber kommen auch aus dem übrigen Baden-Württemberg Menschen zur Arbeit nach Stuttgart – und nehmen dadurch eine noch wesentlich größere Anfahrtstrecke in Kauf. Selbst von jenseits der Landesgrenze sind es regelmäßig mehr als 25 000 Einpendler.

Neben Stuttgart verzeichnet übrigens auch der Landkreis Böblingen mehr Ein- als Auspendler (79 426 zu 64 730). In allen anderen Kreisen der Region sind die Auspendler in der Mehrzahl. Im Landkreis Esslingen (78 441 Einpendler und 87 797 Auspendler) ist der Abstand noch am geringsten, in den Kreisen Ludwigsburg (67 596 zu 96 886), Rems-Murr (43 503 zu 70 570) und im Landkreis Göppingen (20 637 zu 34 006) ist der Unterschied deutlicher ausgeprägt.

Pendeln über lange Strecken wird immer normaler

Den größten Pendlerzuwachs hatte in den vergangenen Jahren Berlin. In der Bundeshauptstadt ist die Zahl der Pendler seit der Jahrtausendwende um weit über 50 Prozent auf zuletzt fast 300 000 gestiegen. Ermittelt hat das – anhand von Daten der Bundesagentur für Arbeit – das Bonner Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Dessen Experte Thomas Pütz sagt, vor allem wenn Metropolen mit steigenden Miet- und Immobilienkosten überwiegend von ländlichem Raum umgeben sind wie zwischen Hamburg und Berlin, werde Pendeln für viele zum Alltag. In Regionen mit vielen kleineren Städten, in denen es jeweils Büros und Betriebe gibt, so Pütz, haben es die Menschen oft weniger weit zur Arbeit.

Doch auch Pendeln über lange Strecken ist für viele normal. So ist der Anteil der Pendler mit einem einfachen Arbeitsweg von mehr als 50 Kilometer 2016 noch einmal leicht auf 6,2 Prozent gestiegen. 35 000 Menschen pendeln zum Beispiel von Nordrhein-Westfalen nach Baden-Württemberg, 11 000 sogar von Bayern nach Berlin.

Vor allem Männer pendeln über lange Strecken. Bei jüngeren Arbeitnehmern zwischen Anfang 20 und Anfang 30 diene Pendeln oft dazu, sich ohne Wohnortwechsel mit befristeten Jobs zu arrangieren. Rund 40 Prozent der Fernpendler mit einer Fahrzeit von einer Stunde und mehr leiden laut Bundesinstitut stärker unter Stress – 60 Prozent empfänden dies nicht so. Ein Rezept gegen Pendler-Stress sei also augenscheinlich die eigene Einstellung – manche empfinden die Zeit auf dem Arbeitsweg gar nicht als Belastung. Doch viele dieser Betroffenen neigen laut den Forschern auch einfach dazu, den Stress als notwendiges Übel wegzustecken.