Es ist Patienten nicht zu verdenken, wenn sie die Preisnachlässe der Versandapotheken nutzen. Doch die Freude kann kurzfristig sein, meint Wirtschaftsredakteur Andreas Schröder.

Nachrichtenzentrale: Andreas Schröder (sö)

Stuttgart - Der Europäische Gerichtshof hat im vergangenen Herbst auf den ersten Blick ein uneingeschränkt verbraucherfreundliches Urteil getroffen. Gerade chronisch kranke Patienten, die planbar wissen, welche Medikamente sie über einen langen Zeitraum benötigen, können viel Geld sparen, wenn sie ihre Arzneimittel bei einer ausländischen Versandapotheke bestellen. Die vom europäischen Marktführer Doc Morris und anderen Versendern gewährten Rabatte summieren sich zu spürbaren Beträgen. Wer will es da Dauerpatienten verdenken, finanzielle Vorteile für sich zu nutzen.

 

Apotheker dürfen Rabattspiel nicht mitspielen

Wenn es rein ums Geld geht, fehlen auch den Apothekern die Argumente – zumal sie das Rabattspiel nicht mitspielen dürfen; ihnen ist es verboten, Preisnachlässe auf verschreibungspflichtige Arzneien zu gewähren.

Doch wie bei anderen Sparmodellen gilt auch hier: so lange die Internetbestellung und die Lieferung reibungslos funktionieren, ist alles in Ordnung. Immer öfter allerdings stellt die Apotheke vor Ort fest, dass sie bei so manchem Patienten zum Lückenbüßer wird. Denn wenn es klemmt, die Arznei verspätet geliefert wird oder gar nicht im Programm des Versandhändlers ist, dann wendet sich der Patient in seiner Not wieder an den (ehemaligen) Apotheker seines Vertrauens. Doch bei einem Teil seiner Patienten nur noch als Absicherung für den Fall der Fälle zu gelten, ist den Pharmazeuten gegenüber unfair. Der Apotheker vor Ort muss für vielfältige Aufgaben parat stehen, leistet Not- und Nachtdienste, muss alle Medikamente, die der Patient wünscht, besorgen. Ohne Patienten, die regelmäßig auch teurere Arzneien bei ihm kaufen, kann der Apotheker nur schwer überleben.

Sparerfolg könnte sich rächen

Und da könnte sich zeigen, dass das EuGH-Urteil auf Dauer doch nicht so verbraucherfreundlich sein muss wie es jetzt scheint. Gibt es in einigen Gegenden immer weniger oder gar keine Apotheken mehr, die für ihre Patienten da sind, könnte sich der kurzfristige Sparerfolg bitter rächen.