Entgegen landläufigen Verschwörungstheorien ist die Bundesrepublik kein besetztes Land. Die Truppenstärke ausländischer Streitkräfte auf deutschem Boden schrumpft rasant und hat einen neuen historischen Tiefstand erreicht.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Stuttgart - Die Bundesrepublik sei eigentlich eine Kolonie Amerikas. Jedenfalls besitze Deutschland nicht die volle Souveränität. Besatzungsmächte hätten das Sagen. Solche Vorstellungen finden auch im Jahre 74 nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch Verfechter. Sie umschreiben das Weltbild von Verschwörungstheoretikern und selbst ernannten Reichsbürgern.

 

Wenn die sich nicht im postfaktischen Zeitalter wähnen würden, könnte man ihnen die Drucksache Nummer 19/7228 des Deutschen Bundestags zur Lektüre empfehlen. Dort ist druckfrisch nachzulesen, dass die Präsenz ausländischer Streitkräfte auf deutschem Boden rasant abnimmt. Interessiert hatte sich dafür die AfD-Fraktion. Sie unterstellte, dass trotz Truppenabbaus „insbesondere US-Amerikaner und Briten immer noch signifikant in Deutschland präsent“ seien.

In der Schlussphase des Kalten Krieges waren immerhin mehr als eine halbe Million Soldaten in fremden Uniformen zwischen Rhein und Oder stationiert. 1985 hatte allein die US-Army 247 000 Mann nach West Germany abkommandiert. Nach dem Zusammenbruch der DDR musste die Sowjetunion 337 800 Rotarmisten aus Ostdeutschland abziehen. Dieser Rückzug war 1994 vollendet. Im Jahr 2000 hatten auch die Amerikaner nur noch 70 000 Militärs in Deutschland. Inzwischen sind es nicht einmal mehr halb so viele: 33 250 nach Angaben der Bundesregierung. Dazu kommen 3336 britische Soldaten (2006 waren es noch mehr als 20 000). Insgesamt schrumpfte das Truppenreservoir befreundeter Nato-Staaten seit 2006 von 98 620 auf 37 275 Köpfe.

Auch die in Verschwörungszirkeln kursierende Mär, wonach der deutsche Steuerzahler für die Milliardenkosten der ausländischen Besatzer aufzukommen habe, beruht nicht auf Fakten: Im Bundeshaushalt ist dafür tatsächlich ein Posten ausgewiesen. Der beläuft sich aber lediglich auf knapp 60 Millionen Euro – „Unterstützungsleistungen für zivile Arbeitskräfte, die infolge des Truppenabbaus freigesetzt worden sind“, wie es heißt. Von ausländischen Militärs wird eine Fläche von 620 Quadratkilometern beansprucht: 0,17 Prozent des Bundesgebiets. Das entspricht dem Areal des Landkreises Böblingen.