Noch gilt in Dänemark das Ferienhausmonopol der Einheimischen. Der Druck, die Sonderregel aufzuheben, wächst – auch in den Urlaubsregionen.

Kopenhagen - Wenn in der dänischen Politik Sommerpause herrscht, ziehen sich die Politiker in ihre Feriendomizile zurück. Pia Kjúrsgaard, die Chefin der fremdenfeindlichen Dänischen Volkspartei, schmort in ihrem Haus im griechischen Santorini, Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sucht in seiner Urlaubsenklave im südlichen Frankreich Entspannung, andere verbringen die Freizeit in ihren Gehöften in Schwedens Einöde, einer Hütte in Norwegen oder ihren Wohnungen in Spanien und der Türkei. Tausende andere Dänen halten es ebenso. Doch was ihnen recht ist, ist Ausländern in Dänemark verwehrt. Seit über einem halben Jahrhundert ist die Gesetzgebung in diesem Punkt rigoros: nur wer einen festen Wohnsitz in Dänemark hat, darf dort Immobilien erwerben.

 

Das ist eine 1959 eingeführte Sonderregel, die Dänemarks Beitritt zur EU, die Freizügigkeit innerhalb der EU-Grenzen und alle EU-Reformen überlebt hat. Dänemark hat sich einen Ausnahmeparagrafen erzwungen, stets mit dem gleichen Argument: ohne Sommerhausregel keine Zustimmung für die EU-Mitgliedschaft in der dänischen Bevölkerung. Doch nun scheint sich die Stimmung zu wandeln.

Alle EU-Bürger sollten Sommerhäuser kaufen können

49 Prozent der Dänen sind laut einer Umfrage des Senders TV2 für eine Aufhebung der Klausel, nur 44 Prozent dagegen. Vor allem in den Gegenden, in denen die meisten der rund 250.000 Sommerhäuser stehen, wächst der Druck, das Monopol abzuschaffen. "Wenn Dänemark EU-Mitglied ist, sollen alle EU-Bürger hier Sommerhäuser kaufen können. Alles andere ist Quatsch", sagt Jan Ferdinandsen, der konservative Bürgermeister von Gribskov, wo 14.000 Freizeithäuser stehen.

So sieht dies auch Erik Fabrik, der stellvertretende Vorsitzende im Landesverband der Kommunen: "Dass Dänen im Ausland Häuser kaufen können und Ausländer in Dänemark nicht, das ist nicht anständig." Unter seinen Mitgliedern ist die Meinung geteilt. Die Zeitung "Politiken" befragte 27 Gemeinden mit jeweils mehr als 5000 Sommerhäusern: sieben waren für eine Regeländerung, sechs unentschieden, 14 dagegen. Die Angst, dass ein Zustrom kapitalstarker Käufer die Preise so nach oben treiben würde, dass sich dänische Normalverdiener die eigenen Häuser nicht mehr leisten könnten, ist groß. Außerdem: ausländische Besitzer würden das Haus ein paar Wochen nützen, sonst stünde es leer, die Folge wären "Geisterdörfer".

Das Verbot gilt seit kurz nach dem Krieg

Ganz im Gegenteil, meinen andere: neue Gäste würden zu mehr Leben und Service führen, auch zum Vorteil der ständigen Bewohner. Die Preise seien viel zu hoch, als dass sich die Käufer es leisten könnten, das Haus leer stehen zu lassen, meint Christian Heinig von der Hypothekenanstalt DK. Daher würden sie vermieten, genau wie die Dänen. Das Verbot kam in einer Zeit, "als die Deutschen Autos bekamen und über die Grenzen rollten", sagt Erik Sørensen, Vizebürgermeister in Frederikshavn. Das war kurz nach dem Krieg, die Erinnerungen an die Besetzungszeit waren lebendig, eine "Invasion mit der D-Mark" wollte niemand.

Doch das ist lange her. "Die Angst vor Herrn Schulze ist verschwunden", stellt "Politiken" fest. Jetzt sieht man in neuen Käufern eher die Möglichkeit, verödende Landstriche zu retten und den Wohnungsmarkt anzukurbeln. Ende 2010 standen 8000 Sommerhäuser zum Verkauf, 6000 davon seit mehr als 12 Monaten.

"Geben wir die Sonderregel auf, bekommen wir sie nie wieder"

Doch der konservative Justizminister Lars Barfoed ist skeptisch: Die Frage des Sommerhausverkaufs an Ausländer sei ein nationales Anliegen. "Wir können die Regeln auf einem so fundamentalen Gebiet nicht ändern, nur weil unser Wohnungsmarkt stagniert. Geben wir die Sonderregel einmal auf, bekommen wir sie nie wieder." Sein Parteifreund Knud Kristensen, Bürgermeister in Vesthimmerland, hält dies für "altmodisch und engstirnig": "Leere Sommerhäuser schaffen weder Leben noch Wachstum." Der Sozialdemokrat Elvin Hansen in Odder hingegen warnt davor, dass die Öffnung des Markts zwar einen kurzfristigen Boom schaffen, langfristig aber die Sommerhäuser als Einnahmequelle schädigen würde.

Finn éstrup, Professor an der Handelshochschule CBS, mahnt zur Ruhe. Nachfrage und Preise würden steigen, zum Nutzen der jetzigen Besitzer, Kaufkraft und Einnahmen aus dem Tourismuserwerb zulegen, aber von Revolution im Sommerland keine Rede: "Die Deutschen lieben Jütlands Westküste, Norweger die Gegend um Skagen, aber andere Landstriche würden von der Aufhebung des Verbots wohl kaum betroffen."

Zurzeit gibt es für Nichtdänen nur eine Möglichkeit

Zurzeit gibt es für Nichtdänen nur eine Möglichkeit: Wer meint, durch besondere familiäre, kulturelle, berufliche oder wirtschaftliche Beziehung ein derartiges Nahverhältnis zu Dänemark zu haben, dass er sich als Ehrendäne qualifiziert, kann einen entsprechend begründeten Antrag ans Justizministerium schicken. Ganze 600 Bittsteller haben in den vergangenen zehn Jahren ein Ja bekommen.