In Manhattan entsteht derzeit ein Geisterviertel von unbewohnten Luxusapartments. Sie dienen vor allem als Geldanlagen zwielichtiger Milliardäre. An der Upper East Side formiert sich unterdessen Widerstand.

Stuttgart - New York war nicht sonderlich beeindruckt davon, dass sich der Fußball-Superstar Cristiano Ronaldo in Manhattan einen Zweitwohnsitz zugelegt hat. Die Nachricht war der Klatschpresse gerade einmal ein paar Zeilen wert. Auch die Geldsumme, die Ronaldo für sein Apartment in Donald Trumps Protzturm an der Fifth Avenue hinblätterte, verschlug niemand den Atem. 18,5 Millionen Dollar für ein Penthouse gelten in Ronaldos neuer Nachbarschaft beinahe schon als Discountpreis. Schließlich waren nur zwei Blocks östlich gerade erst zwei Wohnungen für 100 Millionen über den Tisch gegangen.

 

Doch der Fußballer kann sich damit trösten, dass der Immobilienerwerb ihn zum Mitglied einer erlesenen globalen Elite macht. Unter den Superreichen der Welt liegt es derzeit schwer im Trend, sich in Manhattan eine hochpreisige Absteige zu kaufen. Im Time Warner Center etwa, von Ronaldos neuer Bleibe aus auf der entgegen gesetzten Seite des Central Park gelegen, besitzen 17 Milliardäre Wohneinheiten.

Bürgerinitiativen protestieren bereits

Doch wie Ronaldo wollen die wenigsten dieser neuen Immobilienbesitzer tatsächlich hier wohnen. Die meisten nutzen die Apartments als Geldanlagen. „Es sind Leute, die im Nahen Osten, China oder Südamerika leben, und zwischen Metropolen hin und her jetten, als ob sie von Brooklyn nach Manhattan pendeln würden“, schrieb der Architekturkritiker des „New Yorker“-Magazins, Paul Goldberger.

Natürlich gibt es den Jetsetter, der sich hier und da eine Wohnung hält, schon lange. Doch was sich in Manhattan in den vergangenen Jahren abspielt, hat eine neue Dimension. Das sichtbarste Zeichen dieses Trends sind zwei neue Wolkenkratzer entlang des Südrandes des Central Park, wenige Fußminuten von Ronaldos Drittwohnsitz entfernt. Beide Türme überragen das Empire State Building und die Aussichtsplattform des neuen World Trade Center.

Die schlanken Bauten, alleine dazu konzipiert, möglichst viel Wohnfläche mit Ausblick zu generieren, sind jedoch nur der Anfang eines Wohnungsbau-Rausches. In den kommenden Jahren wird ein ganzes Zaungatter aus solchen Häusern entlang des Central Park hochgehen. Bürgerinitiativen protestieren bereits dagegen, dass große Teile des Parks durch die Türme permanent im Schatten liegen werden.

Der 11. September hat dem Markt einen Dämpfer versetzt

Der Boom war ein sorgfältiges Kalkül Immobilienentwickler. Ihr Pilotprojekt war das Time Warner Center am Südwestrand des Central Park, das im Jahr 2004 eröffnete. Der 11. September hatte dem New Yorker Markt einen Dämpfer versetzt und die aggressive Vermarktung an eine elitäre globale Klientel erschien für die Bauherrn der einzige Weg zu neuen Profitströmen.

Um die Investition für die Käufer attraktiv zu machen, verzichteten die Bauherren auf viele Dinge, die traditionell den Eintritt in den New Yorker Markt erschweren. Der Käufer musste sich einer eingehenden Prüfung durch die Miteigentümer unterziehen. Die neuen Wohneinheiten sind hingegen „Condominiums“, reine Kaufobjekte. Der Käufer kann anonym bleiben. „Das Einzige was interessiert ist, ob er genügend Geld hat“, sagte der ehemalige Manager des Time Warner Komplexes, Rudy Tauscher, der New York Times.

Die wahre Geldquelle ist schwer nachzuvollziehen

So waren im Jahr 2014 80 Prozent der Wohnungseigentümer im Time Warner Scheinfirmen. Bei solchen Geschäften ist die wahre Geldquelle schwer nachzuvollziehen. Diese Praxis lockte eine Klasse von Neubürgern an, mit der New York offiziell wohl nicht werben würde. Dazu gehörte der russische Senator Vitaly Malkin, der dafür zuständig war, die Schulden von Angola zu „restrukturieren“. Er steht unter dem Verdacht aus dem Deal 48 Millionen Dollar an Dividende gezogen zu haben.

Ein anderer Bewohner ist der indische Kupfermagnat Anil Agarwal, dessen Firma von der Börse in Mumbai ausgeschlossen wurde. Zudem ermitteln die indischen Behörden wegen illegaler Arsenverseuchung rund um eine seiner Fabriken. Ein weiterer Bewohner ist der ehemalige kolumbianische Provinzgouverneur Pablo Ardila. Ardila saß wegen Korruption im Gefängnis.

So entsteht in Midtown Manhattan derzeit ein Geisterviertel von Luxusapartments, die vorwiegend dazu dienen, Milliarden aus zwielichtigen Quellen zu parken. Auf der Upper East Side formiert sich Widerstand gegen einen neuen Bau. Die Besitzer von alten Herrschaftsvillen weigern sich trotz fürstlicher Angebote, an den Bauherrn eines Wolkenkratzer-Projekts zu verkaufen. „Wir brauchen hier kein Gelddepot für Oligarchen aus Übersee“, sagte Lisa Mercurio, die Vorsitzende einer Nachbarschaftsvereinigung. Und fügt an: „Wir können keine Stadt haben, in der einfach jemand kommt und alle Regeln ändert.“ Doch die Regeln des New Yorker Immobiliengeschäfts haben sich längst geändert.