Trotz massiver Widerstände aus der Bevölkerung hat der Filderstädter Gemeinderat die Ortssanierung von Plattenhardt beschlossen. Ob der Streit damit vom Tisch ist, ist fraglich. Ein Bürger kündigte rechtliche Schritte an.

Filderstadt - Die groß angelegte Ortssanierung von Filderstadt-Plattenhardt wird kommen. Der Gemeinderat hat in der jüngsten Sitzung der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets mit nur einer Gegenstimme und zwei Enthaltungen zugestimmt. Auch das Gebäude Saarstraße 14 neben dem Feuerwehrgerätehaus, das der Technische Ausschuss zunächst ausgeklammert hatte, wurde wieder in die Planungen aufgenommen.

 

Damit ist der Prozess endgültig ins Rollen gekommen; ein Prozess, der 2018 mit einem interfraktionellen Antrag seinen Anfang genommen hatte. Damals hatte der Auftrag an die Verwaltung gelautet, städtebauliche Missstände zu dokumentieren und zu prüfen, ob die Notwendigkeit eines Sanierungsverfahrens vorliegt. Zweieinhalb Jahre später ist das Sanierungsgebiet förmlich definiert. Ein Neuordnungskonzept liegt vor.

Äußerliche Mängel bei 89 Prozent der rund 400 untersuchten Gebäude

Aus Sicht der Stadtverwaltung tut das Not. Ein Gutachten hat äußerlich bei 89 Prozent der mehr als 400 untersuchten Gebäude Mängel festgestellt. Bei 39 Prozent sind sie stark, bei fünf Prozent ist fraglich, ob das Haus überhaupt erhalten werden kann. Neben der Verbesserung der Aufenthaltsqualität stehen die Aufwertung der Ortseingänge, der Erhalt prägender Gebäude, Wohnen, Nachverdichtungen, Kultur und Stellplätze auf der Agenda. Dafür stehen üppige Mittel von Bund und Land zur Verfügung. Und auch wie Privatleute, die an ihren Häusern etwas machen wollen, Gelder abgreifen können, ist festgelegt. Bis Ende 2030 soll der Prozess abgeschlossen sein.

Das Ganze hat jedoch einen Haken. Es gibt zwar „viele Gebäudebesitzer, die händeringend drauf warten“, betonte der Oberbürgermeister Christoph Traub in der Sitzung, ein großer Teil der Plattenhardter Bürger hat aber Vorbehalte. Seit Monaten regt sich teils massiver Widerstand. Das Misstrauen gegenüber der Verwaltung ist groß. Unter anderem die Wertabschöpfung, die bei sanierungsbedingten Bodenwertsteigerungen auf die Eigentümer zukommt, bereitet den Menschen Sorgen, wenngleich die laut Gutachten beim Großteil bei maximal sechs Euro pro Quadratmeter liegen sollen. Auch obligatorische Grundbuchvermerke haben die Menschen aufgeschreckt.

Bürger kündigt rechtliche Schritte an

Trotz des Beschlusses des Gemeinderats scheint der Ärger noch lang nicht ausgestanden. In der Sitzung kündigte ein Bürger an, rechtliche Schritte einzuleiten. Der Mann ist nicht damit einverstanden, wie der Zustand seines Gebäudes an der Schillerstraße eingestuft wurde und dass er das entsprechende Gutachten noch nicht einsehen konnte. „Ab jetzt läuft die Konversation nur noch über Anwälte“, schleuderte er dem Oberbürgermeister entgegen. Die Verwaltung werde in der kommenden Zeit damit beschäftigt sein, Einzelprozesse zu führen, prophezeite er.

Entsprechend zerknirscht zeigten sich Verwaltung und Räte. „Allen recht getan, ist eine Kunst, die keiner kann“, sagte etwa Stefan Hermann (Freie Wähler). Man müsse „mit höchster Transparenz Skepsis beiseiteräumen“ und die Bürger „locken, nicht zwingen“. Christoph Traub entschuldigte sich öffentlich dafür, „dass der Motivationsprozess derart schlecht gestartet ist“, gleichwohl rief er zur Mäßigung auf. „Ich halte es nicht für angemessen, dass Menschen, die sich politisch engagieren, beschimpft und der Lüge bezichtigt werden.“ Die Sanierung sei kein Eingreifen um des Eingreifens willen. Es gehe darum, den Stadtteil zukunftsgerecht weiterzuentwickeln – fürs Gemeinwohl.

Dahinter müssten Einzelanliegen mitunter auch zurückgestellt werden. Es würden Lösungen für alle gesucht, sagte er, etwa Ratenzahlungen bei der Bodenwertabschöpfung. Wie er warben etliche Stadträte abermals für mehr Zutrauen. Das Sanierungsgebiet sei eine gute Sache. „Ich hoffe, dass die Geschichte einen positiven Schwung bekommt“, sagte etwa Frank Schwemmle (SPD).