Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat nach fünf ­Jahren ihre Ermittlungen gegen den ehemaligen Immobilienmogul Rudi Häussler eingestellt. Auf die laufenden Insolvenzverfahren hat dies keinen Einfluss.

Stuttgart - Rudi Häussler wird ein Stein vom Herzen gefallen sein, als ihn die Nachricht erreicht hat: Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte nach fünf Jahren ihre Ermittlungen wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung, Betrugs und Untreue zu Lasten von Geschäftspartnern gegen den ehemaligen Immobilienmogul eingestellt. Andernfalls hätte das Image des rastlosen und umtriebigen 87-jährigenUnternehmers, der stets beste Kontakte zu führenden Köpfen aus Politik und Wirtschaft pflegte und sich zudem als Opern- und Kunstmäzen einen Ruf erworben hat, wohl schweren Schaden genommen.

 

Häussler war ein Patriarch vom alten Schlag, der die Geschicke seines Firmenimperiums bestehend aus 43 Tochtergesellschaften von seinem Möhringer Bürotower aus fast im Alleingang zu lenken pflegte. Seine von ihm selbst auserkorenen potenziellen Nachfolger wie der heutige Bahn-Chef Rüdiger Grube kamen nicht an ihm vorbei und verließen deshalb nach kurzer Zeit das Unternehmen wieder. Seine Firma  entwickelte sich über die Jahre von einem Unternehmen für Büromöbelverkauf zum Komplettanbieter für schlüsselfertige Bürogebäude.

Carl-Benz-Zentrum beschäftigte die Justiz

Häussler-Projekte prägten vor allem in den 1990er Jahren die Silhouette der baden-württembergischen Landeshauptstadt: die Mercedes-Bank auf dem Pragsattel, das City-Plaza am Rotebühlplatz, die Vaihinger Schwabengalerie oder die noblen Eigentumswohnungen am Vaihinger Rosenpark. Seine guten Beziehungen etwa zum Hause Daimler halfen ihm immer wieder, wenn es galt, Ankermieter für Bürobauten zu finden.

Nicht immer waren seine Vorhaben unumstritten. Den letztlich realisierten Entwurf des Einkaufszentrums Schwabengalerie auf der Brache des früheren Vaihinger Brauereigeländes etwa musste ihm der damalige Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) mit diplomatischem Geschick so lange schmackhaft machen, bis der Firmenchef schließlich einlenkte und den von ihm ursprünglich favorisierten völlig überdimensionieren Einkaufstempel aufgab. Das von ihm errichtete Carl-Benz-Zentrum zwischen Stadion und Porsche-Arena am Wasen beschäftigte gar die Justiz: Weil Häussler Mietausfälle durch den Umbau des Stadions in eine reine Fußballarena befürchtete, zog er gegen die Stadiongesellschaft vor den Kadi, unterlag aber auf der ganzen Linie. Heftigen politischen Streit im Gemeinderat entfachte auch sein Plan, im Park der Villa Berg 60 Luxuswohnungen zu errichten.

Häussler haftet mit seinem Privatvermögen

Finanziell übernommen hat sich Häussler schließlich 2010 beim Bau des Möhringer Wohnquartiers Seepark – ein Gemeinschaftsprojekt mit dem Schweizer Versicherungskonzern Swiss Re. Schon während der Bauphase wurde ein Großteil der geplanten mehr als 500 Eigentumswohnungen zu Mietobjekten umdeklariert, weil sich offenbar nicht genügend Kaufinteressenten gefunden hatten. Handwerker blieben plötzlich auf ihren Rechnungen sitzen. Beim Jonglieren mit Millionensummen, die zwischen den diversen Firmentöchtern hin und her geschoben wurden, hatte der gesundheitlich angeschlagene Firmenchef die Übersicht verloren – über Verbindlichkeiten von mehr als acht Millionen Euro wurde spekuliert. Es folgten Insolvenzanträge für die Seepark-Projektgesellschaft, die Häussler-Holding und weitere Firmen und die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Doch die Behörde konnte Häussler in sechs konkreten Verdachtsfällen nicht nachweisen, dass er Gelder aus seinem Firmenkonglomerat zweckentfremdet verwendet hat. In weiteren Fällen wurden die Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt. Berücksichtigt hat die Staatsanwaltschaft neben Häusslers Alter dabei vor allem auch die Tatsache, dass er mit seinem Privatvermögen für die aufgelaufenen Firmenschulden haftete.

Die Verfahren sind umfangreich und schwierig

Die strafrechtlichen Ermittlungen sind also eingestellt, die Insolvenzverfahren dagegen laufen aktuell noch weiter, stehen aber ebenfalls kurz vor dem Abschluss. Doch die Verfahren sind umfangreich und kompliziert. Alle 43 Tochterfirmen der Gruppe waren von der Insolvenz betroffen, zwei Kanzleien haben sich um das Netzwerk an Gesellschaften und Tochterfirmen gekümmert – mit den Juristen Hendrik Hefermehl und Michael Pluta an der Spitze. Zwei Insolvenzverwalter der Kanzlei Pluta bearbeiten davon zwölf Verfahren. „Für sieben Gesellschaften konnten die Insolvenzverwalter eine Verwertung des Vermögens realisieren. Für eine Gesellschaft gab es eine Zwangsversteigerung, vier Häussler-Gesellschaften hatten kein Vermögen“, erläutert Patrick Sutter, der Sprecher der Kanzlei Pluta. „Die Verwertung des Vermögens der Gesellschaften ist abgeschlossen. Wir gehen davon aus, dass die Insolvenzverfahren im nächsten Jahr beendet sind“, fügt Sutter hinzu. Bei den insolventen Gesellschaften handelte es sich nach Angaben des Sprechers um Projektgesellschaften. „Dort gab es keine Mitarbeiter. Nur bei einer Gesellschaft waren zwei Mitarbeiter beschäftigt.“

Der zweite Insolvenzverwalter, Hendrik Hefermehl, bestätigt: „Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft hat keine Auswirkungen auf die Insolvenzverfahren gehabt.“ Der Teil der Häussler-Gruppe, der von seiner Kanzlei bearbeitet wurde, habe zu Beginn der Insolvenz 25 Mitarbeiter gehabt. Davon sei heute keiner mehr übrig, so Hefermehl. Auch seine Kanzlei rechnet damit, dass die Verfahren im Laufe des kommenden Jahres eingestellt werden können.